Es ist sechs Uhr in der Früh und die Sonne versteckt sich noch hinter dem Horizont, als sich Dr. Martin Wazinski aus seinem Bett in Oppum pellt, um im kühlen Waldsee auf dem Bayer-Gelände vor Dienstbeginn seine Bahnen zu ziehen. Als er das Gewässer verlässt, ist die Sonne schon aufgegangen und das sportliche Morgenritual abgeschlossen. Sport, das ist für Wazinski viel mehr als nur körperliche Betätigung. Es ist sein Kraftgeber , sein Gedankenordner , sein Beruf und seine Leidenschaft: Denn Dr. Martin Wazinski ist nicht nur Chef der Sportmedizin am Malteser Krankenhaus St. Josefshospital in Krefeld-Uerdingen, sondern seit rund 25 Jahren ehrenamtlicher Mannschaftsarzt der Krefelder Pinguine und zudem leidenschaftlicher Hobbysportler. 

„Wenn ich morgens aus dem Wasser steige, fühle ich mich unbesiegbar“ , sagt der Sportmediziner und schmunzelt. „Ob Radfahren, Laufen oder Schwimmen: Die sportliche Betätigung ist fest in meinen Tagesablauf integriert und so sollte es eigentlich immer sein.“  Denn Sport, so weiß der Fachmann, liefert nicht nur Energie für den Tag, sondern steigert die Leistungsfähigkeit, das Körpergefühl und ist Heilmittel bei unterschiedlichen Krankheiten:  „Die Neandertaler waren physisch deutlich aktiver als wir heutzutage. Ein Neandertaler ist im Schnitt 34 Kilometer am Tag gelaufen, wir laufen im Durchschnitt 300 Meter . “ Wazinski behandelt nicht nur erkrankte Menschen in der Sportmedizin im Malteser Krankenhaus, sondern auch Sportler, die ihre Leistung steigern oder sich sportlich verbessern möchten. Sowohl die 47-jährige Hobbysportlerin, die für den New York-Marathon trainiert, als auch der KEV-Spieler, der auf dem Eis noch besser werden möchte,  sitzen in seinem Wartezimmer nebeneinander. „Gerade diese Unterschiedlichkeit reizt mich an meinem Beruf“ , so der Arzt. „Jeder Patient ist eine neue Herausforderung.“ Auch das war ein Grund dafür, dass der gebürtige Bocholter im Jahr 1991 nach seinem Studium in Düsseldorf und einigen Jahren in Neuss die Stelle in leitender Funktion am St. Josefshospital und nur kurze Zeit später das Amt des ehrenamtlichen Mannschaftsarztes der Krefelder Pinguine übernahm. „Als ich das erste Mal in der Rheinlandhalle beim Eishockey war, hat mich der Sport direkt gepackt. Er ist schnell und hat eine enorme Energie“ , schwärmt Wazinski und gibt schmunzelnd zu: „Ich habe eine Dauerkarte für Schalke, aber Fußball ist ja fast langweilig im Vergleich zu Eishockey.“ Seither betreut der Mediziner die Pinguine: Er ist Ansprechpartner bei gesundheitlichen Fragen, behandelnder Fachmann bei Verletzungen, Ernährungsberater und Vertrauensperson bei persönlichen Unsicherheiten. „Viele Spieler leben hier in einer fremden Stadt oder sogar in einem fremden Land. Sie kommen mit ihren Familien hierher und haben außer der Mannschaft erst einmal keine Kontakte“ , erklärt der bekennende Jazzmusikliebhaber. „Oft behandele ich nicht nur den Spieler, sondern bin auch der Hausarzt für die ganze Familie.“ So kommt es, dass einige KEV-Spieler das wichtigste Lebensereignis mit dem Doktor geteilt haben. Wazinskis Gesichtszüge werden weich, als er sich erinnert: „Bis vor zwei Jahren hatten wir hier in Uerdingen noch die Geburtenklinik. Ich habe bestimmt 20 Pinguinbabys hier in Uerdingen mit auf die Welt gebracht.“  Dr. Martin Wazinski ist für viele der Spieler mehr als nur ein Arzt, er ist ein Freund, der ihnen in einem fremden Land oder in einer sportlichen Krise zur Seite steht. „Durch meine eigene sportliche Aktivität verstehe ich die Sportler in ihren Sorgen“ , erklärt er und verzieht erneut den Mund zu einem Lächeln. „Dass impliziert leider auch, dass ich bei Verletzungen, vor allem bei aufstrebenden jungen Sportlern, wirklich mitleide.“ Dass Wazinski neben persönlichem Interesse an der Person auch eine hohe Kompetenz mitbringt, zeigen prominente Namen auf seiner Patientenliste, die sich über die ganze Welt verteilen. Neben dem aktuellen Kader des KEV, betreut er viele ehemalige Pinguine wie John „Johnny“ Walker oder Christian Ehrhoff.  Als Mannschaftsarzt ist Wazinski zurzeit das dienstälteste Teammitglied der Mannschaft und mit vielen Spielern durch dick und dünn gegangen. Einige Momente in seiner Laufbahn haben ihn besonders geprägt. „Ein bewegender Moment für mich war, als der Vater von Martin Hyun neben mir stand und seinen Sohn zum ersten Mal hier in Krefeld auf dem Eis sah“ , erinnert sich der zweifache Familienvater. „Martin war der erste Koreaner, der überhaupt in Deutschland als Eishockeyspieler einen Vertrag bekam. Der Stolz seines Vaters hat mich sehr bewegt.“  Es gab aber auch traurige Momente, die ihn noch heute erschüttern. Die schwere Erkrankung von Nationaltorwart und KEV-Spieler Robert Müller, bei dem im jungen Alter von nur 26 Jahren ein Hirntumor diagnostiziert wurde, in Folge dessen er im Mai 2009 starb, beschäftigte die Pinguine sehr. „So ein Ereignis zerrt natürlich an der Psyche“ , so der Mediziner. Es gibt aber auch sportliche, schöne Momente, die Wazinski aus seiner Laufbahn mitnimmt. Den Gewinn der zweiten Deutschen Meisterschaft in der Saison 2002/03 und die anschließende Feier mit Zehntausenden Fans am Ostermontag auf dem Krefelder Theaterplatz bleibe für immer unvergessen. „Aber ich brauche nicht den ersten Platz, für mich müssen die Pinguine nicht ganz oben sein“ , sagt er. „Egal, wo die Mannschaft steht, als Sympathisant fühle ich mich immer verbunden, dafür brauche ich keine sportlichen Ziele.“

Im persönlichen sportlichen Bereich gibt es dagegen Ziele, die der ambitionierte Hobbysportler noch erreichen möchte. Das Langstreckenrennen „Race Across America“ steht auf der Wunschliste des 56-Jährigen ganz weit oben: In neun Tagen werden 4.600 Kilometer auf dem Rennrad von Kalifornien aus an die Ostküste zurückgelegt. „Geschlafen wird eine Stunde pro Tag“ , sagt er. „Es wird eine Extremerfahrung werden, die ich nie wieder vergessen werde.“ Auf die Frage, warum der Sportmediziner diese Erfahrung so anstrebt, hat er eine ganz simple Antwort, die er mit seinem lächelnden Augenzwinkern versieht: „Den mutmaßlichen Erstbesteiger des Mount Everests haben auch viele danach gefragt. Wissen Sie, was er geantwortet hat? ‚Weil er da ist. ‘ Deswegen muss ich es tun.“ 

Dr. med Martin Wazinski, Chefarzt der Klinik für Anästhesie und Intensivmedizin und Sportmedizin im Malteser Krankenhaus St. Josefshospital, Kurfürstenstr. 69, Krefeld-Uerdingen. Tel. 02151 452 287 , www.malteser-stjosef.de