Max ist fünf. Mit gesenktem Kopf und nasser Hose steht er vor seiner Kindergärtnerin. Er hat in die Hose gemacht und wird geschimpft. Beim Abholen erfahren seine Eltern, dass er der letzte in seiner Gruppe sei, der noch nicht „trocken“ ist, und es immer wieder Zeit koste, ihn umzuziehen. Mit ihrem Latein am Ende, werden Max' Eltern beim Kinderarzt vorstellig. – Eine konstruierte Geschichte, die sich so wahrscheinlich tausendfach in deutschen Haushalten abspielt. Was tun, wenn Kinder sich einnässen? Dr. Walter Batzill, Oberarzt an der Klinik für Urologie, Kinderurologie und Urogynäkologie des Krankenhauses Maria-Hilf, bleibt gelassen.

„Auf Kinder wird oft unbewusst ein enormer Druck ausgeübt“, weiß der zweifache Vater. „Sie sollen schnellstmöglich trocken werden, um nicht aus der Reihe zu fallen. Aber die Blasenkontrolle ist ein komplexer Vorgang, der Zeit braucht.“ Auch das Bettnässen, immer wieder gern als Symptom für psychische Probleme apostrophiert, ist bis zum 5. Lebensjahr ganz normal, denn Kinder haben einen tieferen Schlaf als Erwachsene und wachen vom Harndruck oft nicht auf. „Vor der Vollendung des fünften Lebensjahres sehen wir Urologen in der Regel gar keinen Grund, einzugreifen“, sagt Batzill. „Erst danach greifen wir behutsam ein.“ In den allermeisten Fällen ist Inkontinenz und das nächtliche Einnässen bei Kindern auf eine körperliche Ursache zurückzuführen und ebenso häufig lässt es sich durch gezielte Maßnahmen beheben. „Oft liegt dem Bettnässen ein extrem tiefer Schlaf, eine zu kleine Blase oder eine zu hohe Urinproduktion in der Nacht zu Grunde. Viele Kinder haben die Veranlagung zum Einnässen auch von Ihren Eltern in die Wiege gelegt bekommen. Auch eine Harnröhrenverengung oder der sogenannte Urinreflux, bei dem Urin aus der Blase zurück in die Niere läuft können eine wichtige Rolle spielen. Wenn wir im Rahmen der Sprechstunde und der Ultraschalluntersuchung den Verdacht haben, dass zum Beispiel eine Enge der Harnröhre vorliegt, dann planen wir mit den Eltern eine Untersuchung des Kindes in Narkose. Viele Probleme können dann gleich auch behandelt werden. Im einen Fall wird ein kleiner Schnitt, im anderen eine minimale Gewebeunterspritzung gemacht. Die Kinder können einen Tag später schon wieder nach Hause – und haben dann eine echte Chance auf eine gute Blasenkontrolle“, lächelt der Spezialist.

Aber das Thema „Kontinenzstörung“ ist nur eines, daß ihn in seiner Arbeit mit Kindern beschäftigt. „Wir behandeln bei Jungs häufig den Hodenhochstand, der zur Entwicklungsstörung des betroffenen Hodens führen kann, wenn er nicht behandelt wird. Im Unterschied übrigens zum Pendelhoden, der unbedenklich ist“, zählt Batzill auf. „Auch die Vorhautverengung ist ein Thema. Und in den letzten Jahren bemerken wir ein verstärktes Vorkommen von Missbildungen des Penis.“ Worauf diese zurückzuführen sind, ist noch unklar. Wissenschaftler haben den erhöhten Östrogenspiegel des Grundwassers im Verdacht, aber die Theorie konnte bislang noch nicht bestätigt werden. „Der Penis ist in den frühen Entwicklungsstadien im Mutterleib eine Platte, die sich erst nach und nach zu einer Röhre formt. Bei manchen Neugeborenen ist diese Röhre an der Spitze nicht ganz geschlossen“, erläutert der Urologe. „Wir Ärzte bezeichnen diese Fehlbildung als Hypospadie.

Für die Eltern ist das natürlich ein Schock. Aber nicht immer werden die Funktionalität des Penis oder das Selbstbild der Jungen durch die Missbildung beeinträchtigt. Wie bei allen Fällen, mit denen wir es zu tun bekommen, prüfen wir auch hier sehr gewissenhaft, bevor wir eine Entscheidung treffen. Das Skalpell ist immer die letzte Lösung, bei Kindern ganz besonders.“ Diese Philosophie, die Batzill gemeinsam mit Chefarzt Dr. Westphal am Klinikum etabliert hat, kommt auch bei einem anderen Streitthema zum Tragen: Beschneidungen. „Das Argument, ein beschnittenes Glied sei hygienischer, ist einfach nicht haltbar. Wenn man den Penis regelmäßig wäscht, spielt es keine Rolle, ob er beschnitten ist oder nicht. Und man käme ja auch nicht auf die Idee, sich die Hände abzuhacken, statt sie zu waschen, nur weil sie schmutzig sind.“ Aber nicht nur Jungs landen in der Kinderurologie: „Die genannten Beschwerden haben Mädchen zwar nicht, aber das holen sie mit Harnwegsinfekten wieder auf. Diese kommen sehr häufig vor und können schwerwiegende Folgen für Blase und Niere nach sich ziehen, sofern sie nicht richtig behandelt werden.“

Die allerwichtigste Eigenschaft, die Batzill und seine Kollegen an der Kinderurologie – neben dem medizinischen Sachverstand – mitbringen, sind Empathie und Geduld. „Die Kinder stehen im Mittelpunkt jeder Untersuchung. Es ist ganz wichtig, dass sie sich von mir ernst genommen fühlen, denn nur so bauen sie überhaupt Vertrauen zu mir auf. Ich höre ihnen zu, lasse sie erzählen. Und wenn sie mal keine Lust auf eine Untersuchung haben, dann respektiere ich das“, beschreibt er sein Vorgehen. „Eine solide Vertrauensbasis ist die Grundlage meiner Arbeit, da unterscheiden sich Kinder nicht von Erwachsenen.“ Dieses Vertrauen spielt aber auch eine bedeutende Rolle in der Kooperation mit den niedergelassenen Ärzten. „Wir verstehen uns als Partner der Kinderärzte in Krefeld und Umgebung. Je besser wir zusammenarbeiten, umso mehr profitiert der Patient davon“, bekräftigt Batzill. „Wir wissen, dass da draußen von Seiten der Kinderärzte in Krefeld hervorragende Arbeit geleistet wird – und die wollen wir mit unserer Expertise und den therapeutischen Möglichkeiten unserer Klinik bestmöglich unterstützen.“

Wenn man dem Urologen zuhört, wie er eloquent, empathisch, ruhig, aber auch mit Humor von seiner Tätigkeit spricht, weiß man, dass das keine leeren Versprechungen sind. Vor dem Gang in die Klinik für Urologie, Kinderurologie und Urogynäkologie muss sich Max also nicht in die Hose machen.

Krankenhaus Maria-Hilf

Klinik für Urologie, Kinderurologie und Urogynäkologie

Chefarzt Dr. med. Jens Westphal
Sektionsleiter Kinderurologie Dr. med. Walter Batzill
Dießemer Bruch 8
47805 Krefeld
Tel.: 02151 334-0
E-Mail: info@alexianer-krefeld.de
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