Alt zu werden, ist nichts für Feiglinge! Dieser Satz stimmt tatsächlich. Mit dem Alter schwinden die Kräfte, die Mobilität ist eingeschränkt, und leider beginnt für viele die Phase, in der sie von geliebten Menschen Abschied nehmen müssen; schlimmstenfalls vom eigenen Partner. Die meisten fallen danach in ein tiefes Loch. Verständlich, haben sie doch nicht selten 30, 40 oder gar 50 Jahre mit ihrem Partner verbracht. Alles war auf die Zweisamkeit ausgerichtet. Man hatte gemeinsame Rituale, Freunde und Verabredungen. Der Sinn des Lebens lag häufig im jeweils anderen. Nach der ersten großen Trauer erleben viele Hinterbliebene Zustände von Perspektivlosigkeit über Verbitterung bis hin zur Depression. Sie sind in Rollenbildern gefangen und meinen, ihre eigenen Bedürfnisse nicht anerkennen zu dürfen. Sie verbieten sich gar das eigene Glück. 

Eine solche Haltung hat ihren Ursprung fast immer in der Kindheit, ist jahrzehntelang konditioniert und kultiviert worden. Sie wird gefördert von der Annahme, man wäre nun halt so, und im Alter könnte man nichts mehr daran ändern. Das ist falsch: Es geht immer noch was! Wer den Mut hat, sich anderen anzuvertrauen, über Ängste zu sprechen und sich Hilfe zu suchen, kann auch nach dem Verlust des Partners eine freudvolle Zeit erleben. Wer heute seinen Partner mit 70 Jahren verliert, wird mit einer großen Wahrscheinlichkeit noch 20 Jahre leben. 20 Jahre, in denen man Gesellschaft, Erfüllung und Glück finden kann. Dafür gilt es sich von inneren Mantras wie „Einen alten Baum verpflanzt man nicht“ zu lösen, proaktiv auf Menschen zuzugehen, in Vereine einzutreten oder das Zusammenleben mit Kindern und Enkeln zu gestalten – auch wenn es schwerfällt. All das funktioniert nur, wenn man das innere „Ich kann nicht“ oder „Ich darf nicht“ durchbricht. Eine Therapie oder ein Coaching, das heute überhaupt nichts mehr mit dem Klischee der Psychotherapie der Sechzigerjahre zu tun hat, ist dafür oft der Schlüssel. Dies in Anspruch zu nehmen, kann den Unterschied zwischen Isolation und Glück im Alter ausmachen. Seien Sie mutig und machen Sie den ersten Schritt!

Ihre Anja Funkel