Mangelnde Bewegung ist eine der Hauptursachen für Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Leiden wie Diabetes. Mediziner raten deshalb zu täglich mindestens 10 000 Schritten. Nur: Wie sollen Menschen, die an einer Fußerkrankung leiden, so viele Schritte schaffen? Mit der Hilfe von Fußorthopädie Janßen. Seit 70 Jahren fertigt das familiengeführte Traditionsunternehmen in Krefeld maßgeschneiderte Schuhe für Menschen mit und ohneFußbeschwerden an, im September 2016 feierte das Geschäft sein Jubiläum. Und lauter glückliche Kunden hoffen auf viele weitere Jahre.

Tok! Tok! Tok! Lautes Klopfen erfüllt die Werkstatt von Fußorthopädie Janßen am Dampfmühlenweg. Marcel Goerke hämmert gerade Nägel in ein hölzernes Fußmodell, der 37-Jährige ist hochkonzentriert bei der Arbeit. Goerke, orthopädischer Schuhmacher mit Gesellenbrief, gehört zum Team des fußorthopädischen Geschäftes, ebenso wie seine Kollegin Britta Wroblewski, 48, orthopädische Schuhmacherin, ebenfalls mit Gesellenbrief. Chefin ist Irina Eisenbach: Die 47-jährige orthopädische Schuhmacherin mit Meisterbrief führt Fußorthopädie Janßen bereits in dritter Generation. Gerade steht Eisenbach neben ihrem Angestellten Goerke in der Werkstatt, helles Licht fällt aus Neonröhren über gekachelte Wände, in der Mitte des Raumes baumelt ein kleines Schweinchen aus Plüsch von der Decke. „Das Schweinchen“ , verrät Eisenbach lächelnd, „hat mir mal eine zufriedene Kundin geschenkt.“ Geschenke wie diese kommen nicht von ungefähr; einen Schuh herzustellen, der orthopädischen Vorgaben entspricht und auf einen kranken Fuß zugeschneidert ist, ist eine wichtige Arbeit und ein Prozess in vielen Schritten.

„Zuerst kommt der Kunde mit dem Rezept seines Arztes zu mir ins Geschäft, und anhand dieses Rezeptes sehe ich, welche Beschwerden er hat; ob er zum Beispiel unter einem verkürzten Bein oder unter Plattfüßen leidet“ , erklärt Eisenbach. „Außerdem mache ich auch eine Art eigene Anamnese, befrage den Kunden, wie sein Alltag aussieht, welchem Beruf er nachgeht, wie er sich ernährt oder ob eine chronische Beeinträchtigung wie Diabetes vorliegt.“ Danach fertigt sie von den Füßen ihres Kunden den sogenannten „Blauabdruck“ an: Der Kunde stellt dazu seinen Fuß auf eine Metallfläche, unter der sich eine Gummimatte mit blauer Tinte befindet. Durch die Last des Fußes auf der Metallfläche wird die Tinte darunter auf ein Stück Papier gedrückt – das Ganze funktioniert also wie ein überdimensionaler Stempel. „Durch den Blauabdruck werden überlastete Stellen am Fuß sichtbar – je mehr blaue Tinte auf dem Papier zu sehen ist, desto mehr weist das auf eine überlastete Stelle hin“ , so Eisenbach. Als nächstes stellt der Kunde seinen Fuß in ein Gefäß mit Trittschaum, um das Fußgewölbe dreidimensional abzubilden. Der Schaumabdruck ist die Basis für einen weiteren Abdruck aus Gips. „Anhand all' dieser Abdrücke fertigen wir dann aus einem Holzrohling oder aus einem ZweikomponentenSchaum den sogenannten ,Leisten', also das Fußmodell für den späteren Schuh“ , erläutert die Meisterin. 

Ist der Leisten fertig, folgt der Bau des individuellen Fußbettes, auch „Bettung“ genannt. „Die Bettung wird unter den Leisten gebaut, um die Bettung wird später der Schuh gefertigt, so dass er am Ende nicht enger wird“ , so Eisenbach: „Unter die Bettung kommt dann die ,Brandsohle' aus Leder als Trägerschicht zwischen Bettung und der eigentlichen Schuhsohle.“ Aus vielen verschiedenen hochwertigen Ledersorten in den unterschiedlichsten Farben zaubern sie und ihr Team im Keller ihres Geschäftes an ratternden Nähmaschinen für den Schuh den Schaft, sein äußeres Kleid also.

„Der Schaft wird nun um Leisten und Bettung angebracht, indem man Nägel in den Schaft einklopft und mit einer Zange umbiegt, diesen Arbeitsschritt nennt man ,Aufzwicken'“ , erklärt Eisenbach. Mithilfe einer Vorder- und Hinterkappe, die jeweils am Fußende und im Zehenbereich in den Schaft eingelegt werden, wird der Schaft auf dem Fußmodell stabilisiert. Sitzt der Schaft dann fest um den Leisten, folgt der Bau des Absatzes, danach bringt Eisenbach die Laufsohle auf. Zum Schluss muss natürlich der Leisten aus dem Schuh entfernt werden, damit der Kunde hineinschlüpfen kann. Das Entfernen nennt sich „Ausleisten“ und erfordert richtig viel Kraft: Eisenbach setzt sich dazu auf einen Stuhl, legt sich einen Haken mit einem langen Seil um einen ihrer Füße, befestigt den Haken in einem Loch in dem Leisten. Dann senkt sie ihren Fuß ab und zieht so den Leisten per Hebelwirkung aus dem Schaft. Das Oberleder auf Hochglanz geputzt und poliert, Schnürsenkel eingefädelt, so ist ein Schuh draus geworden – Gesundheit pur für die Füße! Zwei Wochen braucht die Produktion eines orthopädischen Schuhs von Anfang bis Ende, immer wieder muss in den einzelnen Bauphasen ein Minimum an 24 Stunden Trockenzeit für die verwendeten Kleber eingelegt werden. Eine immer wieder neue Herausforderung, denn jeder Fuß ist ja anders. „Mal versteifen wir zusätzlich die Sohle mit Epoxidharz, mal legen wir eine Zwischensohle für eine sportlichere Optik oder mehr Abrollfunktion ein – alles ganz individuell und je nachdem, was der Kunde braucht“ , erläutert Eisenbach. Eine aufwendige Arbeit – und eine sehr lohnende Aufgabe, unterstreicht die orthopädische Schuhmacherin mit einem glücklichen Lächeln. „Mein Beruf erfüllt mich in zweierlei Hinsicht: Einerseits sehe ich am Ende eines Tages, was ich geschafft habe, ich habe immer ein fertiges Ergebnis in den Händen oder zumindest eines, das in seiner Entwicklung sichtbar weitergekommen ist. Zum anderen ist es eine absolut sinnvolle Arbeit, denn sie gibt den Menschen Lebensqualität zurück“ – und die Power für hoffentlich 10 000 Schritte am Tag. Mindestens.

Fußorthopädie Janßen, Dampfmühlenweg 7 , 47799 Krefeld, montags bis freitags von 8 bis 18 Uhr, mittwochs von 8 bis 13 Uhr,  Tel.: 02151 – 29778, www.fussorthopaedie-janssen.de