Freiwillig über das Thema Darmkrebs zu sprechen, ist ein bisschen so, als würde man den hässlichsten Hund aus dem Tierheim zum Spazierengehen abholen. Nahezu jeder gesundheitliche Aspekt ist gesellschaftsfähiger; einige medizinische Auffälligkeiten werden sogar mit einem gewissen Stolz präsentiert: Seht her, was ich für interessante Malaisen habe! Selbst der oberflächlichste Mensch erhält, zum Beispiel durch eine Herzkranzgefäßverengung, eine gewisse Tiefe. Ausgefallene, im Idealfall moralisch verwertbare Ernährungsgewohnheiten gehören auch bei gesunden Mitmenschen inzwischen zum beliebten SmalltalkRepertoire. Was dabei rauskommt, möchte allerdings niemand mehr so genau wissen. Dabei leistet der Darm in der Regel ganz still und unaufgeregt Großartiges. Und dafür möchte er im Gegenzug nur ein wenig Verständnis haben. Das lässt sich einrichten.

Es braucht auch gar nicht lange, um von der Begeisterung der beiden Experten des Helios Klinikums angesteckt zu werden. Hört man Prof. Dr. med. Thomas Frieling und Dr. med. Christoph Wullstein zu, so erscheint der Darm in ganz neuem Licht. „Das ist auch schon exakt das, was wir mit unseren Aufklärungsbemühungen erreichen wollen – Interesse zu wecken und Angst zu nehmen“, sagt der Privatdozent und Chefarzt für Chirurgie Christoph Wullstein. Darmkrebs sei eine eher stille Krankheit, deshalb brauche sie laute Stimmen, die über sie sprächen. „Der Nutzen der absolut sinnvollen Vorsorgemaßnahmen übersteigt die damit verbundenen kleinen Unannehmlichkeiten bei Weitem“, ergänzt Thomas Frieling, Chefarzt der Medizinischen Klinik II/Gastroenterologie. Gemeinsam unterstützen sie die Felix Burda Stiftung, die selbst immer wieder mit provokanten Kampagnen auf das Thema aufmerksam macht. Den Darmkrebsmonat hat die Stiftung im Jahr 2002 ins Leben gerufen. Thomas Frieling und Christoph Wullstein, beide mitreißende Redner, unterstützen Dr. Christa Maar und den Stiftungsvorstand durch Vorträge, Initiativen und nicht zuletzt durch ihre tägliche Arbeit.

Immer noch gibt es deutschlandweit jährlich mehr als 60.000 Neuerkrankungen. Damit ist Darmkrebs die zweithäufigste Krebsart hierzulande. Er ist deshalb so gut erforscht, weil er so oft diagnostiziert wird. Dabei könnte, so Frieling, durch regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen, diese Zahl auf fast Null reduziert werden: „Im Zuge der empfohlenen Darmspiegelung werden Vorstufen heute sicher erkannt und gegebenenfalls in einem entfernt. Die moderne Koloskopie hat auch nichts mehr mit dem anstrengenden Prozedere zu tun, das die Patienten fürchten.“ Die niedergelassenen Kollegen würden hier eine sehr gute Vor- und Nachsorge anbieten und den Großteil der Koloskopien durchführen, führt er weiter aus. „Einige Patienten berichten sogar, sie würden sich nach einer Darmspiegelung  besser fühlen als vorher“, lacht Thomas Frieling. Das kann mit der unumgänglichen Darmreinigung vor der Untersuchung zusammenhängen. Insgesamt ist diese Form der Vorsorge inzwischen nahezu unbedenklich und komplett schmerzfrei.

Wer seinem Verdauungsapparat das Leben leichter machen möchte, kann vorerst auch einfach eine gesunde Lebensweise pflegen. Mit Bewegung, viel Obst, Gemüse und Ballaststoffen, wenig rotem Fleisch und tierischen Fetten – den Klassikern eben. Bis die Vorsorgeuntersuchungen, für Frauen und Männer ab 55 Jahren, anstehen, lässt sich der Darm auf diese Weise gut in Schuss halten. Das Helios Klinikum bietet immer wieder auch Ernährungs- und Kochseminare an. In dem am Klinikum angegliederten Restaurant und Bistro „Lutherterrassen“ gibt es tagtäglich gesunde und schmackhafte Küche. Menschen mit familiärer Vorbelastung oder etwa Diabetes sollten sich schon früher über eine individuelle Darmkrebsvorsorge Gedanken machen. Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen in diesen Fällen alle anfallenden Kosten.

Sollte ein Eingriff bei positiver Diagnose anstehen, sind die Heilungschancen extrem hoch. Rund 95 Prozent der frühzeitig erkannten Dickdarmkrebserkrankungen können geheilt werden, das heißt, nach fünf Jahren Symptomfreiheit für geheilt erklärt werden. Bei Mastdarmkrebs liegt die Quote bei bis zu 85 Prozent. Ein Aspekt, der Christoph Wullstein sichtlich Freude macht. „Für mich als Chirurg ist Darmkrebs ein dankbares Metier, da die Heilungschancen im Vergleich zu anderen  Tumorarten so gut stehen“, sagt der Spezialist für Minimal-Invasive Medizin. „Und durch den Einsatz modernster Operationsverfahren sind die Möglichkeiten der kolorektalen Chirurgie stetig erweitert worden.“ Sowohl er, als auch Thomas Frieling, setzen auf ständige Zusatz- und Weiterbildung, um sich und ihre jeweiligen ÄrzteTeams auf dem neusten Stand von Technik und Methodik zu halten.

Auch ist es inzwischen dank der „Fast Track Rehabilitation“ möglich, den erfolgreich operierten Patienten schneller in sein gewohntes Leben zu entlassen. „Früher durften sie eine Woche nach dem Eingriff die erste Tasse Tee trinken, heute sind sie dann bereits zuhause“, bringt Christoph Wullstein den Effekt des Konzeptes zur Verringerung von postoperativen Komplikationen auf den Punkt. Nicht nur die modernen medizinischen Verfahren, sondern auch die gesamte disziplinübergreifende Logistik drumherum, dient dem einen Ziel, dem Patienten die Genesung so angenehm, unkompliziert und schnell wie möglich anbieten zu gestalten.

Doch es muss erst gar nicht so weit kommen. Das zu transportieren, liegt den beiden Medizinern am Herzen. Also tun wir ihnen doch den Gefallen und holen den unsichtbarsten Teil unseres Körpers ab und an ins Zentrum unserer Selbstbetrachtung. Denn, bei Tageslicht betrachtet, ist die ganze Sache mit dem Darm gar nicht so hässlich, wie wir immer glauben. Vielleicht macht es sogar Spaß, mal den hässlichsten Hund aus dem Tierheim zu holen. Er freut sich über Aufmerksamkeit. Und Bewegung ist außerdem gut für unseren Darm, wie wir jetzt wissen.

Weitere Informationen finden Sie unter www.helios-kliniken.de und unter www.felix-burda-stiftung.de