Es beginnt wie eine Yogastunde: mit zart blumigem Raumduft, goldig gedimmter Beleuchtung, sanften asiatischen Klängen und bunten Decken, auf die sich die meisten Teilnehmer legen. Sechs Frauen und zwei Männer im Alter von etwa 40 bis 60 Jahren dehnen sich, schaukeln sanft hin und her, liegen, stehen oder sitzen einfach mit geschlossenen Augen da. Bis Hanna Agurski die nächste Phase des „Freien Tanzes“ einläutet; mit dynamischerer, aber immer noch vorrangig melodischer Weltmusik. Die Teilnehmer räumen die Decken weg und beginnen sich langsam zu der Musik zu bewegen. „Jeder kann machen, was er will. Ich gebe keine Choreographie oder Tanzschritte vor. Das Einzige, was ich steuere, sind die Rhythmus-Phasen: von fließend über Stakkato-artig zu chaotisch, dann von lyrisch zu langsam und schließlich still. Ich orientiere mich dabei an der amerikanischen Tänzerin und Musikerin Gabrielle Roth, aber nur grob“, schildert Hanna Agurski den Ablauf.  Seit über 20 Jahren bietet die 63-jährige Krefelderin afrikanischen und freien Tanz auf dem Südwall an. Kennengelernt hatte die ehemalige  Bürokauffrau die befreiende und auch heilsame Wirkung von Musik bei einem Aufenthalt in London. „Ich war bei einem Konzert von Jasper Van´t Hof und Charlie Mariano, seither liebe ich Jazz, Percussion und Weltmusik. Dann habe ich durch Zufall den ghanaischen Meisterdrummer Mustapha Tetty Addy getroffen und konnte bei ihm tanzen lernen.“ Am  afrikanischen Tanz begeisterte Hanna Agurski vor allem die ursprüngliche, rhythmische, erdverbundene Art, sich zu bewegen, das Loslassen, die Lebensfreude und die Wirkung, die Mustapha Tetty Addy einmal so zusammenfasste: „Musik ist Medizin.“ Mit der Gründung der Tanz- und Bewegungsschule „Ubuntu“ erfüllte Hanna Agurski sich den Traum, Tanzen zu ihrem Beruf zu machen. An drei Abenden in der Woche bietet sie afrikanischen oder freien Tanz an und einmal vormittags „Bewegung und Entspannung 60 plus“. Regelmäßig zum „Freien Tanz“ kommt seit acht Jahren der Krefelder Thomas Kempen; der 53-jährige Ingenieur sagt, von diesen anderthalb Stunden montags abends profitiere er die ganze Woche. Und Susanne Dühring, die erst seit einem halben Jahr dabei ist, verrät uns sogar, dieses „besondere, ausdrucksvolle, grenzenlose Tanzen“ habe ihr aus ihrer „Midlifecrisis“ geholfen. Die 47-Jährige lächelt – und läuft auf die Tanzfläche zurück, wo sie mit rhythmischen Schritten über das Parkett wirbelt, stampft und voller Schwung sogar an das kleine Tänzermobilé springt, das in der Mitte des Saales von einer Leuchte baumelt. Denn inzwischen hat Hanna Agurski die Musik gewechselt, und die Beats des ElektroWunderkindes Nicholas Jaar sind so unwiderstehlich treibend, dass die Schritte der Tänzer immer wilder werden – vom Staccato zum „Chaos“ . Auf die Frage, ob man das nicht auch zuhause im Wohnzimmer haben könne, indem man sich barfuß und ‚befreit‘ zu seiner Lieblingsmusik austobe, schüttelt Thomas Kempen den Kopf: „Nein, es ist wichtig, dass die anderen da sind. Dass man sie sieht und gesehen wird. Unser Tanzen ist ja eine Art Sprechen ohne Worte.“ Und Hanna Agurski fügt an, was das Wort „Ubuntu“ eigentlich bedeutet: „Es kommt aus dem Xhosa und heißt ‚teilende Gemeinschaft‘ . “

Ubuntu, Hanna Agurski, Südwall 40, 47798 Krefeld, Tel. 02151 – 39 46 85, info@ubuntu-krefeld.de, www.ubuntu-krefeld.de