Ein Dienstag im Dezember , es ist später Nachmittag, draußen wird es langsam dunkel. Jens Sattler sitzt in seinem hell erleuchteten Büro, arbeitet an seinem Laptop. Der Feierabend ist für ihn in weiter Ferne, wie so oft in letzter Zeit; seit Mai dieses Jahres ist Sattler als Geschäftsführer beim Stadtsportbund im Einsatz, da kann der Arbeitstag schon mal zwölf Stunden haben. Sattler stört das nicht, schließlich macht er Tag für Tag das, was er am liebsten macht: sich mit Sport beschäftigen und sich durchbeißen – „beides“ , lächelt er, „ist doch untrennbar miteinander verbunden.“

Fast zögernd beantwortet der heute 45-Jährige die Frage, was das eine mit dem anderen für ihn aus seiner persönlichen Lebensgeschichte heraus zu tun hat. Nur behutsam lässt er sich für ein Gespräch von seinem Laptop lösen. Sattler ist keiner, der viel reden muss. „Ich muss eigentlich überhaupt nicht im Mittelpunkt stehen“ , sagt er , „ich brauche das nicht“. Dabei hat er Spannendes zu erzählen. 1970 wurde er in Radebeul bei Dresden geboren, 1978 wurde seine Familie nach einem Ausreiseantrag der Mutter des Landes verwiesen, ging aus der damaligen DDR in den Westen, nach Düsseldorf. Als damals Achtjähriger kam Sattler auf eine Schule, die in ihrem Sportunterricht den Schwerpunkt auf Handball legte, so entdeckte er schon früh eine große Liebe: den Handball-Sport. „Am Handball“ , erzählt Sattler, „faszinieren mich vier Dinge: die Schnelligkeit, das körperliche Spiel, im Team etwas zu erreichen und sich durchsetzen zu müssen – hart, aber fair.“

Fast ein bisschen unfair sich selbst gegenüber wurde der Sportbegeisterte, als er nach dem Abitur den Aufnahmetest an der Deutschen Sporthochschule in Köln absolvierte: An dem Tag war er krank, er hatte Grippe, Fieber. Und das bei einem Aufnahmetest, der seinen Teilnehmern mit einem Power-Parcours aus den unterschiedlichsten Sportdisziplinen als schwierigste Sporteignungsprüfung überhaupt in Deutschland gilt. Sattler bestand. Trotz Krankheit. Wie hat er das gemacht? „Durchbeißen“, da ist es wieder, der Mann mit den kurzgeschnittenen dunklen Haaren und der jungenhaften Art lacht: „Man muss sich das so vorstellen, als wenn man mit aller Macht durch ein Dickicht will: um hindurchzukommen, muss man mit all' seinen Kräften versuchen, das Geäst beiseite zu schieben und sich hindurchzuschlängeln, auch wenn man müde ist – wer möchte schon in einem Dickicht stecken bleiben?“

Keiner. Am wenigsten Sattler. Noch während seines Studiums mit Schwerpunkt Sportpublizistik und Trainerprofil Handball in Köln arbeitete er frei für Fernsehsender wie RTL oder WDR oder fürs Radio 90,1 Mönchengladbach, er wollte Sportjournalist werden. „Ich bemühte mich überall um ein Volontariat“ - was nicht so einfach zu bekommen war. Nachdem er 2000 sein Diplom in Sportwissenschaften in Köln abgeschlossen hatte, schnupperte er für ein Praktikum in ein Krefelder Therapiezentrum; ein Ausflug mit erfreulichen Folgen: „Direkt nach meinem Praktikum bot man mir in dem Therapiezentrum eine Festanstellung als Diplom-Sportlehrer an“ , verrät Sattler. Die neue Aufgabe reizte ihn so sehr, dass er parallel eine Weiterbildung als Sporttherapeut anschloss. Die darauffolgenden Jahre ließen bei Sattler, der seinen geliebten Handball bis zum Alter von 30 Jahren regelmäßig im Verein spielte, immer wieder die Lust auf neue Herausforderungen keimen. Sportlich entdeckte er mit Triathlon und Laufen neue Leidenschaften, die zeitlich flexibler zu gestalten waren. Beruflich schied er 2005 aus der Festanstellung als Diplom-Sportlehrer aus, machte sich selbständig als Personaltrainer, gab Kurse in Nordic Walking, lehrte Ausgleichstraining für Kaderathleten des Segelverbandes NRW. Er knüpfte Kontakt zum SC Bayer 05 Uerdingen, stieg dort in die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit ein. Er engagierte sich für den Triathlon Verband NRW, lernte den dortigen Präsidenten Dieter Hofmann – heutiger Vorsitzender des Stadtsportbundes Krefeld – kennen, der ihn 2012 mit dem Krefelder Stadtsportbund bekannt machte; hier begann Sattler als freier Mitarbeiter, bevor er letztlich aufstieg zum jetzigen Stadtsportbund-Geschäftsführer. Übrigens der erste hauptamtliche Geschäftsführer in der Geschichte des Stadtsportbundes. „Es ist toll, wo ich heute stehe, in Krefeld ist in Sachen Sport einiges zu bewegen, und endlich sitze ich an dem Hebel, um zu bewegen“ , freut sich Sattler. 

Und plötzlich, wenn es nicht um ihn persönlich geht, sondern darum, dem Sport ein Gesicht zu geben, leuchten seine graublauen Augen auf, gerät er fast ins Plaudern. „2012 haben wir zum Beispiel den ,Krefelder Sportdialog’, ein Förderprojekt für den Krefelder Sport, angestoßen und erarbeiten hieraus ein immer größer werdendes Netzwerk mit der Stadtgemeinschaft für die Sportentwicklung Krefelds“ , erzählt er . „Wenn alle unseren Vorzeige-Sportvereine, von denen es in der Seidenstadt viele gibt, an einem Strang ziehen würden, käme dabei etwas ganz Tolles für die Sportstadt Krefeld heraus“ , ist sich Sattler sicher. Auch würde er gerne einen Verbund Krefelder Schulen für den Leistungssport etablieren, der in Schulklassen die Förderung von Spitzensportlern berücksichtigt, indem er solchen Schülern ermöglicht, ihr ungewöhnliches Sportpensum mit Schulunterricht zu vereinen – „so etwas fehlt in Krefeld noch völlig“ , sagt Sattler. Grund genug für ihn, Visionen wie diese weiter zu züchten; Kraft dafür dürfte ihm auch jene Aufgabe spenden: Seit Anfang des Jahres trainiert Sattler beim TV Anrath die dortige Handball-E-Jugend, in der auch sein neunjähriger Sohn Hanno spielt. „Handball war ja mein erster Lieblingssport und der ist bei mir zuletzt viel zu kurz gekommen“ , sagt er und nickt. Und wie das so ist mit Jugendlieben, mit denen es einmal gut lief: entdeckt man sie wieder, können sie inspirieren, motivieren. Beste Voraussetzungen, um in einem Leben für den Sport am Ball zu bleiben.