„Der Kummer, der nicht spricht, nagt leise an dem Herzen, bis es bricht“ , dichtete William Shakespeare im Jahre 1606. Das Herz gilt als Sitz der Seele und Gefühle; Kummer macht „Herzeleid“ . Das tut richtig weh – und seit einiger Zeit ist das „Gebrochenes-Herz-Syndrom“ sogar als Krankheit anerkannt. In der Herzmedizin hat das eine Trendwende ausgelöst und die Psychokardiologie begründet. Sie befasst sich mit dem Zusammenhang zwischen Psyche und Herzerkrankungen. In Krefeld hat sich die Psychiaterin Dr. Jutta Maria Scheuermann von der Klinik Königshof auf Psychokardiologie spezialisiert. Die 41-Jährige beschreibt das „Gebrochenes-Herz-Syndrom“ so: „Der Körper wird durch emotionale Belastung von den Stresshormonen Adrenalin und Noradrenalin überflutet, so dass Symptome wie beim Herzinfarkt auftreten können. Es ist aber eine Lähmung des Herzmuskels, die auch lebensbedrohlich sein kann.“ 

Seit einem Jahr arbeitet Dr . Scheuermann eng mit der Kardiologie im benachbarten Helios-Klinikum zusammen. Acht Stunden pro Woche verbringt sie auf der Herzstation und konstatiert: „Der Bedarf an psychiatrischer Betreuung ist groß. Das deckt sich mit den Studien: Etwa die Hälfte aller Herzinfarktpatienten leiden gleichzeitig an Depressionen.“ Weitere Studien aus der jungen Disziplin zeigen: „Psychosoziale Risikofaktoren“ wie Stress und Probleme erhöhen das Herzinfarktrisiko mehr als etwa Übergewicht, Diabetes oder Bluthochdruck. Bei depressiven Menschen verengen sich leichter die Herzkranzgefäße und ihr Herz-Kreislauf gerät schneller aus dem Tritt. Dauerhafter Psychostress kann Vorhofflimmern auslösen, und generell gilt: Angsterkrankungen verschlechtern die Herzgesundheit rapide. 

Bis vor kurzem wurden diese Zusammenhänge nicht gesehen. Dr . Jan Dreher, Chefarzt der Klinik Königshof, ist froh, dass durch die Psychokardiologie die „strenge Trennung der Disziplinen“ in der Schulmedizin aufgehoben wird und erklärt: „Die Mauer zwischen Körper und Seele fällt. Die Gefühlslage beeinträchtigt die Gesundheit. Deshalb sollten Ärzte nicht nur das Symptom anschauen, sondern auch die Seele der Patienten.“

Recht geben ihm die Erfahrungen, die die Psychokardiologin Dr. Jutta Maria Scheuermann macht: „Kein einziger Patient ist überrascht oder verärgert, wenn ich eine psychiatrische Untersuchung anbiete. Im Gegenteil: Alle freuen sich, dass jemand fragt, wie es ihnen seelisch geht.“ Dr. Scheuermann nimmt sich ausgiebig Zeit für ihre Diagnose, und individuell wird weiterbehandelt. Manchmal hilft schon ein persönlich zugeschnittenes Sportprogramm, manchmal braucht es Medikamente, eine Psychotherapie oder einen stationären Aufenthalt in der Klinik Königshof. „Wir können damit den Patienten und unseren Kollegen in der Kardiologie helfen“ , freut sich Dr. Scheuermann. Sie hofft, dass sie ihre Arbeit an der Schnittstelle von Körper und Seele ausbauen kann, denn das liege ihr „wirklich am Herzen“ .