Sein Name soll hier nicht genannt werden. Aber seine Geschichte dürfen wir erzählen. Nennen wir ihn Nils Stein. Nils Stein öffnete wie jeden Abend nach der Arbeit seine Haustür, als er plötzlich von hinten von drei Männern angegriffen und brutal zusammengeschlagen wurde. Der Handwerker erlitt mehrere Knochenbrüche und musste drei Wochen im Krankenhaus behandelt werden; für weitere fünf Wochen wurde er krankgeschrieben. Nils Stein weiß weder, wer die Täter waren noch warum sie ihn aus dem Hinterhalt überfielen. Beraubt haben sie ihn nicht. Aber abgesehen von den körperlichen Verletzungen haben die Verbrecher auch seine Seele verwundet: Er wurde in Todesangst versetzt, grund- und wehrlos geschlagen, zutiefst gedemütigt und in seinem Innersten verunsichert.
„Wenn Menschen so etwas erleben, sind sie oft traumatisiert. Manche schämen sich für das, was ihnen passiert ist, suchen sogar die Schuld bei sich selbst. Manche bekommen Angstzustände, trauen sich nicht mehr, ihre Wohnung zu verlassen und haben nachts Albträume. So etwas kann viele schlimme Auswirkungen haben“ , weiß Markus Sommer, der als sogenannter Fallmanager beim Landschaftsverband Rheinland Gewaltopfer wie Nils Stein betreut. Was die wenigsten Menschen in einer solchen Situation wissen, ist, dass sie möglicherweise Unterstützung nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) erhalten können. Der hierfür zuständige Landschaftsverband Rheinland hat als Erster in der Bundesrepublik Deutschland vor gut einem Jahr insgesamt fünf hauptamtliche Fallmanager wie Markus Sommer eingesetzt, damit sie unschuldig durch Gewalt Geschädigten wie Nils Stein dabei helfen, die Unterstützung nach dem OEG zu beantragen und zu bekommen.
„Ich treffe mich mit den Betroffenen in einem ihnen vertrauten Umfeld und berate sie über die Möglichkeiten des OEG. Ich helfe ihnen auch beim Ausfüllen der Anträge“ , beschreibt Markus Sommer seine Arbeit. Den Kontakt stellen meist der Weiße Ring (Kriminalitätsopferhilfe) oder die Opferschutzbeauftragten der Polizei her. Markus Sommer ergänzt: „Ich bleibe immer der Ansprechpartner und kläre intern und extern die möglichen Unterstützungsleistungen. Herr Stein muss nicht mehreren verschiedenen Personen immer wieder seine Situation erklären. So kann schneller und koordinierter gehandelt werden.“
Der ständige Kontakt und die Einbindung der Betroffenen von Beginn an soll ihnen helfen, rasch wieder in ihren Alltag zurück zu finden. Den Überfallenen Nils Stein konnte Markus Sommer schnell an das Zentrum für Psychotraumatologie am Krefelder Alexianerkrankenhaus vermitteln. Denn der alleinstehende Mittdreißiger hat nun große Angst davor, im Dunkeln auszugehen. Diese verständlichen Ängste werden therapeutisch behandelt; die Kosten dafür werden aus dem OEG gezahlt. Nils Stein kann aus gesundheitlichen Gründen auch nicht mehr in seine alte Wohnung zurückkehren. Für den bevorstehenden Umzug wird der Landschaftsverband Rheinland die Kosten übernehmen. Und da Nils Stein mehr als sechs Wochen krankgeschrieben werden musste und sich seine Einkünfte damit um 40 Prozent verringert hätten, bekommt er laut OEG „Versorgungskrankengeld“ – das sind immerhin 80 Prozent seines Arbeitseinkommens. Bevor Markus Sommer sich um ihn gekümmert hat, wusste Nils Stein nicht, dass er Anspruch auf diese Leistungen hat. Aber er hat sie angenommen und sagt, sie seien ihm „eine gute Hilfe“ .
LVR-Dezernat 5, Abteilung 61.50; Fallmanagement, Tel 0221 809-5742, E-Mail: markus.sommer@lvr.de; www.soziales.lvr.de