Heute ist Montag. Montagabend. Spät komme ich an diesem Tag nach Hause. Meine Frau schläft schon. Ich freue mich jetzt auf den Moment, wenn ich die Haustür hinter mir ins Schloss fallen höre, wenn die Stille der Wohnung mich umschlingt und ich dann müde und ein Bierchen haltend für einige Minuten in meinen Sessel sinke. Später, wenn ich dann zu meiner Frau ins Bett gehe, werde ich sofort einschlafen. Vielleicht gebe ich ihr vorher noch ein Küsschen. Am nächsten Morgen liegt ein Zettel auf dem Küchentisch: „Musste heute schon früher zur Arbeit. Machen wir am Wochenende was schönes?“ Seitdem meine Frau diesen neuen Job hat, ist sie viel beschäftigt. Aber dafür geht es uns finanziell ganz gut. Ist ja auch wichtig.

„Klar, machen wir am Wochenende was Schönes“, murmele ich vor mich hin und denke an den Stapel Akten, der sich jetzt zum Monatsende nicht mehr aufschieben lässt. Ein oder zwei Stündchen werden sich schon einrichten lassen. Und außerdem würde ich mich ja auch freuen. Die Tage vergehen schnell. Noch schneller die Minuten, in denen wir uns sehen. Wir sehen uns kaum. Eine Nacht verbringe ich sogar im Büro über meinen Akten vertieft. Aber dann ist endlich Freitag. Und heute, wo endlich das Wochenende ansteht, wollen wir am Abend gemeinsam etwas kochen - eigentlich. Aber es bleibt bei eigentlich. Wie mir dieses Wort schon zur Gewohnheit geworden ist! Wir kommen beide nicht rechtzeitig aus dem Büro. Also lese ich an diesem Abend wieder die Gute-Nacht-Wünsche meiner Frau von einem Zettel ab und lege mich neben sie, die schon schläft. 

Ich bin noch müde, als der Wecker klingelt. Der Wecker, der in Wirklichkeit ein Staubsauger ist. Meine Frau scheint den Tag heute für Haushaltskram nutzen zu wollen. Ich schlurfe noch etwas benebelt dem fleißigen Surren entgegen und beginne mich schon auf den freien Tag zu freuen, als mich meine Frau mit den Worten: „Was guckst du so? Muss ja auch irgendwann gemacht werden, oder?“ begrüßt. Es wird also einer dieser Tage werden. Den ganzen Frust der vergangenen Woche wird sie heute loswerden wollen, vielleicht auch müssen, heute, an einem Samstag, an einem freien Tag, an dem die Sonne scheint. „Ok“ , denke ich mir, „sie hat ja irgendwie recht.“ Also nicke ich ihr kurz und beschwichtigend zu und wandere desillusioniert gen Bett zurück. Ich bleibe zuversichtlich. Zwischen all den überflüssigen, aber notwendigen Erledigungen, werden wir heute sicherlich auch noch etwas Schönes unternehmen.

Und dann ist schon Sonntag. Nicht Sonntag früh. Nein, Sonntag um 22.47 Uhr. So richtig viel getan haben wir nicht. Gearbeitet. Gelesen. Ausgeruht. Etwas ferngesehen. Jetzt liegen wir zusammen im Bett. Müde wegen der letzten Woche und etwas schlecht gelaunt wegen morgen. Aber immerhin zusammen. „Komm her zu mir“ , überkommt es mich plötzlich. Ich spüre schmerzhaft, wie aus dem Nichts Sehnsucht in mir aufsteigt. Nach meiner Frau, nach Nähe, nach Zeit. Sie schläft noch nicht. Vorsichtig, aber irgendwie erleichtert, wie ich glaube, schmiegt sie sich an mich. Ist sie mir fremd geworden? Nein, den Geruch ihrer Haut, den kenne ich noch. Zaghaft, aber mit freudiger Erregung, fragt sie mich: „Wie wäre es, wenn wir einfach mal etwas Verrücktes machen? So wie früher! Weißt du noch?“ „Ja, eigentlich hast du recht“ , entgegne ich ihr. Eigentlich. Wir nehmen uns wie so oft vor, ganz bald etwas Verrücktes zu tun. Muss ja nicht gleich morgen sein. Aber bald ganz bestimmt. Schon wieder ist Montagabend. Ich komme wie immer erst spät nach Hause. Meine Frau ist nicht da. Aber ein Zettel, auf dem steht: „Ich habe gekündigt. Kommst du mit?“

Anna Battke, 29 Jahre
Anna war Leistungssportlerin, hat Psychologie studiert und macht jetzt eine Ausbildung zur Heilpraktikerin. Sie ist  Mutter eines Sohnes und lebt gemeinsam mit ihrer kleinen  Familie in Berlin. Ihre beruflichen Interessen gelten vor allem der natürlichen, psychischen Gesundheit des Menschen. Gerne wechselt sie beim Schreiben ihrer Kolumne die Rollen und Perspektiven.