Krebserkrankungen im Mund-Rachen-Raum bleiben klinisch lange stumm. Bei fortgeschrittenen Krebserkrankungen gilt es in der Therapie vor allem, die zentralen Funktionen der Zunge und damit auch ein Stück Lebensqualität der Betroffenen zu erhalten. Dazu rekonstruieren wir im DKG-zertifizierten Kopf-Hals-Tumorzentrum des Helios Klinikum Krefeld tumorbedingte Defekte durch körpereigene, mikrochirurgische Transplantationen. Ein Verfahren, das nur ganz wenige Kliniken in Deutschland anbieten. Gut 150 Patienten mit Krebserkrankungen des Mund-, Nasen- und Rachenraums, des Kehlkopfs und der oberen Atemwege betreuen wir so im Jahr.

 

Die Patientinnen und Patienten, die sich mit Tumoren im Mund-Rachen-Raum bei uns vorstellen, werden immer jünger. Ihr Durchschnittsalter liegt heute bei etwa 40 bis 50 Jahren. Neben Alkohol und Nikotin werden auch die sexuell übertragenen Humanen Papillomviren (HPV) als Risikofaktoren verantwortlich gemacht. Je nach Tumorstadium und Schweregrad der Erkrankung müssen im Rahmen der Therapie mitunter größere Teile der Zunge chirurgisch entfernt werden. Bei besonders großen Defekten kann auch eine mikrovaskuläre Rekonstruktion der Zunge durch Nachbildung mit transplantiertem Gewebe vom Unterarm, des Oberschenkels oder des Rückens notwendig werden, um die Funktionalität des komplexen Muskelorgans bestmöglich wiederherzustellen.

 

Unsere Zunge hat eine große Bedeutung für die Zerkleinerung und Beförderung von Speisen, das Schmecken, den Schluckakt und das Sprechen. Dazu benötigt sie ihr Volumen, ihr Tastempfinden und natürlich ihre Geschmacksrezeptoren. Größe und Beweglichkeit sind entscheidend, um den Mundraum auszufüllen und ihre Funktionen und Fähigkeiten bestmöglich zu erhalten. Um beides sicherzustellen ersetzen wir am Helios Klinikum Krefeld nach der Entfernung tumoröser Areale größere Defekte durch körpereigenen Gewebeersatz, der mit den vorhandenen Blutgefäßen und Nervenstrukturen mikrochirurgisch verbunden wird.    

 

Bei der Tumorentnahme und sofortigen Rekonstruktion des betroffenen Zungenareals arbeiten immer zwei chirurgische Teams parallel. Eines entfernt das von Krebs befallene Gewebe aus der Mundhöhle, das andere entnimmt an einer anderen Stelle des Körpers, meist am Unterarm, die für die Rekonstruktion notwendigen Komponenten: Haut, Unterhautfettgewebe, Blutgefäße und Nerven. Um daraus ein passgenaues Abbild des resezierten Bereiches in der Mundhöhle zu modellieren, muss das Transplantat gut formbar und beweglich sein. Nach dem erfolgreichen Einwachsen des transplantierten Gewebes erhält die rekonstruierte Zunge so wieder das ursprünglich Volumen, ihre Beweglichkeit und Sensibilität.

 

Die rekonstruktiven Verfahren zum Erhalt der Zungenform und -funktion spielen eine zunehmend größere Rolle in der chirurgischen Therapie von Mundhöhlenkarzinomen, denn leider suchen Patienten oft erst sehr spät einen Arzt auf. Späte Symptome sind dafür ebenso verantwortlich wie die Angst vor der Diagnose und Therapie. Das bedeutet, dass komplexe Operationen mit Rekonstruktion notwendig werden. Aber auf diesem Wege können wir ein deutliches Plus an Lebensqualität erhalten. Sprechen und Schlucken sind nach etwas Training in aller Regel wieder gut möglich und die Schutzfunktion der Zunge für die Atemwege bleibt ebenfalls erhalten.

 

Prof. Dr. med. Johannes D. Schultz
Chefarzt der Hals-Nasen-Ohren-Klinik

Helios Klinikum Krefeld

Lutherplatz 40

47805 Krefeld

Tel.: 02151-32-2501

E-Mail: info.krefeld@helios-gesundheit.de

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