Lange mussten die Fans um die Zukunft der Krefeld Pinguine bangen, doch mit der Schweizer Save's AG fand sich im letzten Moment eine neue Hauptgesellschafterin, die nun für finanzielle Sicherheit an der Westparkstraße sorgt. Von dieser inthronisiert, wird fortan der Deutsch-Amerikaner Roger Nicholas die Rolle als Geschäftsführer und Sportleiter beim Eishockey-Erstligisten übernehmen. Er soll das in den vergangenen Jahren sportlich erfolglose Team umbauen. Eine seiner ersten großen Entscheidungen, Topstar Daniel Pietta aus seinem Kontrakt zu entlassen, sorgte für einen Sturm der Entrüstung unter großen Teilen der Fans und den Alt-Gesellschaftern. Doch es ist nicht nur die Kaderplanung, die die Verantwortlichen der Pinguine derzeit in Atem hält. Auch die Folgen der Corona-Pandemie verlangen mit Blick auf den Spielbetrieb nach wohl durchdachten, innovativen Lösungen.

Ebenfalls von der Insolvenz der Pinguine bedroht war der für den Nachwuchs verantwortliche Stammverein KEV81 mit seinem U-23-Team in der Oberliga, der zu einem nicht geringen Maß von den Zahlungen der Pinguine abhängig ist – und dem unter Nicholas ein noch größere Bedeutung zukommt. „Wir möchten in Zukunft ein noch größeres Sprungbrett für junge Spieler sein und unserem Nachwuchs den nächsten Schritt ermöglichen. Wir wollen schnelles, attraktives und aggressives Eishockey mit jungen Leuten bieten“, erklärt Nicholas die Kernphilosophie seiner Kaderplanung, die aufgrund des immer noch schmalen Portemonnaies kaum Raum für hochbezahltes Personal bietet. Darum soll der Rekord-Vertrag mit Vereinsikone Daniel Pietta aufgelöst werden. Dieser unterschrieb einst den längsten Profivertrag außerhalb Nordamerikas: Zehn Jahre, von denen noch fünf verbleiben. Pietta ist einer der besten Spieler der Liga, kommt aus dem eigenen Nachwuchs und ist Publikumsliebling. Doch er ist auch ein eher introvertierter Mensch und ihm eilt in der Szene der Ruf voraus, kein Leader zu sein. Nicholas sieht in ihm einen Spieler, der ein Team auf ein neues Level hebt, wenn er sich an anderen Topspielern orientieren kann. Allein ein Team zu tragen, dafür sei er aber nicht der Typ. „Das ist nicht ehrenrührig. Menschen sind unterschiedlich. Es geht einfach darum, bestimmte Rollen in einem Team auszufüllen und als Ganzes besser zu werden. Daniel bräuchte einen Spieler an seiner Seite, der sportlich wie charakterlich ein Leitwolf ist. Den können wir aber nicht bezahlen“, so Nicholas weiter.

Die Vergangenheit bestätigt diese Einschätzung. Das Experiment, Pietta 2015 zum Kapitän zu machen, scheiterte. Dennoch sorgten die Pläne der Vertragsauflösung für reichlich Unmut – auch bei Alt-Gesellschafter Wolfgang Schulz. Dafür hat Nicholas kein Verständnis. „Wir können nicht alles lassen, wie es ist, und hoffen, dass sich der Erfolg von selbst einstellt“, sagt er. Pietta habe in den vergangenen Jahren beinahe Narrenfreiheit gehabt und damit auch das Standing der Trainer negativ beeinflusst. Schulz habe stets die schützende Hand über seinen Star gehalten. Das müsse sich ändern, findet auch der neue Trainer, Glen Hanlon, der bereits auf dem höchsten Niveau der Welt, in der nordamerikanischen NHL, in der Russischen KHL oder als Nationaltrainer der Schweiz und Weißrusslands erfolgreich arbeitete. Er ist der Eckpfeiler der neuen sportlichen Ausrichtung und soll am besten zwei Co-Trainer zur Seite gestellt bekommen, selbst wenn das auf Kosten eines Spielers geht. Denn Nicholas' Analyse zeigt, dass gerade der scheidende Headcoach Pierre Beaulieu zu viele Aufgaben auf einmal innehatte. Wenn er sich mit einer Gruppe beschäftigte, machten andere Spieler oft nur halbherzig ihren Job. Das solle künftig nicht mehr vorkommen. Vielmehr solle der Trainer die höchste Autorität besitzen und ein Team führen, das bedingungslos an einem Strang zieht. Wer nicht mitzieht, dem drohen Konsequenzen bis hin zur Abmahnung. Das Kollektiv soll über allem stehen, Erbhöfe abgeschafft werden. Auch deswegen sei die Trennung von Pietta richtig.

Doch die gesamte sportliche Planungen steht im Schatten der Corona-Pandemie und möglicherweise wegbrechender Zuschauereinnahmen. „Geisterspiele“, wie sie im Fußball stattfinden, sind im Eishockey kein gangbarer Weg. Zu gering sind die TV-Einnahmen und auch die Sponsorengelder können die Etats bei den meisten Teams keineswegs tragen. Kurzarbeit wäre für viele Teams die einzige Möglichkeit, finanziell zu überleben. Diese wäre aber juristisch nicht mit einem Spielbetrieb vereinbar. Damit ist die Zukunft der ganzen Branche in der Schwebe. Derzeit arbeiten die Pinguine ein Hygienekonzept aus, das Spiele mit Publikum unter corona-konformen Bedingungen ermöglichen soll. Es sieht allerdings die Schließung der Stehplätze auf der Nordtribüne und eine Sitz-Pflicht vor. Selbst bei Standing Ovations könnte der Schiedsrichter das Spiel abpfeifen müssen. Die Liga muss das Konzept, wie bei allen anderen Teams, noch absegnen. Ob es zur Anwendung kommt, bleibt abzuwarten und hängt auch von der Politik ab. Die unsichere Situation hängt wie ein Damoklesschwert über dem Projekt „Pinguine 2020“. Die Zeit des Bangens ist also trotz zunächst abgewendeter Insolvenz noch nicht vorbei.

 

Krefeld Pinguine, www.krefeld-pinguine.de