Smartphones und Tablets sind in unserem digitalen Zeitalter fast omnipräsent. Rund 200 Mal täglich greifen wir alleine zu unserem Handy, um Textnachrichten und Bilder zu verschicken oder uns in den Sozialen Medien die Zeit zu vertreiben. Der zeitgeschichtliche beinahe sprunghaft geschehene Wechsel von klassischen Informationsquellen hin zur Nutzung moderner Medien hat zum Teil schwerwiegende Konsequenzen für Körper und Seele. Konzentration, Schlaf und Lernfähigkeit leiden bisweilen massiv unter der übermäßigen Nutzung der digitalen Alleskönner. „Es gilt, sich selbst klare Grenzen zu setzen“, sagt Dr. Adrian Mohr, Leiter der Neurologie, der Gerontopsychiatrie und des Schlaflabors in der Klinik Königshof Krefeld. Nach seinem Dafürhalten sind Smartphones und Tablets vor allem vor dem Zubettgehen nicht ratsam. 

Digitales Lernen: Cookies im Gehirn
Das Internet und Wikipedia sind ein wahrer Segen, doch wer anstelle von Büchern zu digitalen Lernquellen greift, setzt sich zwei Gefahren aus. Zum einen bietet das Internet neben dem eigentlichen zu lernenden Inhalt zahlreiche Ablenkungen, zum anderen werden wir unterbewusst mit Werbung bombardiert. „Davor können wir uns gar nicht schützen“, erklärt Dr. Mohr, der ergänzt: „Die Werbung wird uns subliminal zugeführt, und sie setzt sich fest. Die einzelnen Anzeigen sind wie Cookies im Gehirn; und genau das ist gewollt.“ Die schwerwiegendste Konsequenz neben der beiläufigen Konditionierung ist dabei die Reizüberflutung. Es gelingt unserem Gehirn schlechter, fokussiert und konzentriert zu bleiben. In der Folge fällt es uns schwerer, das Gelernte abzuspeichern und ins Langzeitgedächtnis zu überführen. Wer dennoch nicht zum guten alten Buch greifen möchte, sollte anstelle des Tablets einen E-Book-Reader nutzen.

Schlaf: Blauwellen als Muntermacher und fehlende Einschlaf-Rituale
Die weitreichendsten Folgen hat die unsachgemäße Nutzung von digitalen Endgeräten auf unseren Schlaf; und das aufgrund ganz unterschiedlicher Faktoren. Ein inzwischen bekannter Grund sind die von den meisten Displays ausgesendeten Blauwellen, die wir als weißes Licht wahrnehmen und die zum Tageslichtspektrum gehören. „Tablets und Smartphones wirken wie ein aktivierender Lichtschauer und hemmen die Ausschüttung eines Proteins namens Melanopsin, das in der Netzhaut sitzt und über ein Signal in die Zirbeldrüse gelangt, wo es die Produktion des Hormons Melatonin aktiviert, das wiederum die Regulierung des Tag-Nacht-Rhythmus' steuert“, erklärt Dr . Mohr . Doch nicht nur wegen der aktivierenden Blauwellen sollte man sich mindestens eine Stunde vor dem Schlafengehen von Displays fernhalten, so der Mediziner weiter: „Zu einer guten Schlafhygiene gehört auch, schlaffördernde Rituale zu entwickeln und uns von Dingen fernzuhalten, die uns aufregen können. Das Lesen eines Buches kann dabei genauso helfen wie ein warmes Glas Milch oder der Verzehr einer serotoninfördernden Banane. Auch Sex, Sport und ein nettes Gespräch mit dem Partner sind dem gesunden Schlaf zuträglich.“ Der landläufig für Ruhephasen genutzte Begriff „Abschalten“ bekommt hierbei eine ganz technische Bedeutung.

Aufmerksamkeits- und Entwicklungsstörungen bei Kindern und Jugendlichen
Wird moderne Informations- und Unterhaltungselektronik abends nicht konsequent aus den Kinderzimmer verbannt, drohen bei Kindern und Jugendlichen Tagesmüdigkeit und Konzentrationsverlust. „Bei Kindern kommt dem Schlaf eine noch größere Bedeutung zu, denn sie haben ein größeres Schlafbedürfnis und eine längere Traumphase, in der am Tag erlerntes verarbeitet und gespeichert wird. Wird dieser Prozess gestört, zeigen sie ganz unterschiedliche Verhaltensweisen, die von Gereiztheit bis zu Hyperaktivität reichen“, erklärt Dr. Mohr und ergänzt: „Leider gibt es bislang keine repräsentative Studie über die Folgen der generellen Nutzung Moderner Medien bei Kindern. Trotzdem sollten sie im Umgang mit diesen Geräten limitiert werden. Kinder sollten gewiss nicht länger als eine Stunde am Tag mit Smartphones und Tablets verbringen.“

Handystrahlung: Krebserregend oder nicht?
Die Frage, ob Mobilfunkstrahlung langfristig das Krebsrisiko erhöht oder harmlos ist, beschäftigt viele Nutzer und hält auch Experten seit Jahren auf Trab. Wissenschaftlich ist die Frage bislang nicht geklärt. Es gab in der Vergangenheit Studien, die eine Risikoerhöhung zeigten und Studien, die keine feststellten. Die internationale Krebsforschungsagentur der Weltgesundheitsorganisation WHO, die IARC, ist 2011 nach einer zusammenfassenden Bewertung der bis dahin vorliegenden Studien zu dem Schluss gekommen, dass Hochfrequenzstrahlung „möglicherweise krebserregend“ ist. Eine australische Studie entdeckte indes keinerlei Zusammenhang. 

Welche Art von Strahlung geht vom Smartphone aus?
Verwenden wir ein Smartphone – über das Mobilfunknetz oder WLAN – entstehen dabei hochfrequente elektromagnetische Felder (umgangssprachlich auch Mikrowellenstrahlung genannt). Diese Art der Strahlung ist im Gegensatz zu Röntgenstrahlen nicht ionisierend, kann also keine Atome oder Moleküle elektrisch aufladen. Somit sind diese Felder laut dem Bundesamt für Strahlenschutz auch nicht in der Lage, das Erbgut zu verändern und Krebs auszulösen. Bekannt ist dagegen, dass hochfrequente elektromagnetische Felder Gewebe erwärmen können. Deshalb sollten Männer zum Beispiel nicht dauerhaft das Handy in der Hosentasche haben. Die lokale Erwärmung kann unter Umständen den Hoden schaden.

Smartphone und Tablets bewusst nutzen
Letztlich sei unter Einbeziehung aller Faktoren und Risiken zu einem bewussten Umgang mit moderner Informations- und Unterhaltungselektronik zu raten, sagt Dr. Adrian Mohr: „Wir alle können uns den Einflüssen des digitalen Zeitalters nicht entziehen, aber gerade, wer unter Schlafstörungen leidet – und das sind bis zu 30 Prozent der deutschen Gesellschaft – sollte sein Verhalten überdenken.“ Denn Schlafstörungen sind nur der Anfang einer Reihe weit größerer Probleme.