Den 19. November 2011 wird Babak Rafati niemals vergessen. Es war der Tag, an dem sich der Bundesliga-Schiedsrichter vor der Partie Köln gegen Mainz das Leben nehmen wollte. Im sprichwörtlich letzten Moment fanden ihn seine Assistenten mit aufgeschnittenen Pulsadern in der Badewanne seines Hotelzimmers. Sie leisteten Erste Hilfe und retteten sein Leben. Es folgten Monate in Therapie, aus der Babak Rafati gestärkt zurück ins Leben fand. Heute ist er von seinen Depressionen geheilt. Beim „Tag der offenen Tür“ am 8. September im Neubau der Klinik Königshof ist er Gastredner und stellt sein Buch vor „Ich pfeife auf den Tod“.

Babak Rafati und auch Robert Enke, der sich 2009 das Leben nahm, sind zwei prominente Fälle, die das Thema „Depressionen“ in die Öffentlichkeit gerückt haben. Meist stigmatisiert und oftmals nur hinter vorgehaltener Hand diskutiert, ist diese Erkrankung die meistunterschätzte in Deutschland. 10.000 Suizide im Jahr führen die traurige Statistik an. „Das sind sehr viel mehr als Unfalltote, Drogen- und Aids-Tote“, weiß Dr. med. Jutta Maria Scheuermann von der Klinik Königshof. Die Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie hat Anfang des Jahres die sporttherapeutische Sprechstunde ins Leben gerufen. Sie richtet sich nicht nur an aktive und ehemalige Profisportler, sondern auch an Amateure, Trainer und Betreuer, die extremen körperlichen und seelischen Belastungen ausgesetzt sind. 

„Wir bieten Prophylaxe, Beratung und Behandlung an“, betont die Oberärztin, die gemeinsam mit ihrem Team aus rund einem Dutzend therapeutischen Mitarbeitern daran arbeitet, Patienten durch individuell zugeschnittene Behandlungen Lebensqualität und Selbstvertrauen zurückzugeben. Dies geschieht, je nach Schwere der Erkrankung, ambulant, teilstationär oder vollstationär in den modernen Räumlichkeiten des Klinikneubaus. Auch externe Psychotherapeuten werden bei Bedarf hinzugezogen. Bei der Behandlung arbeiten Ärzte und Psychotherapeuten Hand in Hand. Sie entscheiden, ob Medikamente eingesetzt werden, eine Gesprächs-, eine Ergo- oder eine Sporttherapie sinnvoll ist. Unterstützend können zum Beispiel Yoga, Aromabäder und Massagen wirken.

Wieder mehr Freude am Sport durch weniger Druck
Zu den ersten Patienten, die die sportpsychiatrische Spezialsprechstunde wahrgenommen haben, zählen übrigens Hobbysportler. Dr. Scheuermann berichtet, dass diese Menschen unter einem enormen Leidensdruck stehen, weil der Sport ihr einziger Lebensinhalt ist: „Kräftezehrende Trainingseinheiten, Wettkampfdruck und zu hochgesteckte Ziele können dafür sorgen, dass die Psyche in gewissen Lebenssituationen rebelliert. Selbst die Ernährung ist in diesen Fällen ja abgestimmt auf den Sport. Solche Menschen können nicht mal eben in ein Restaurant gehen; auch ein Eis oder ein Burger zwischendurch sind absolut tabu, ebenso wie Alkohol. Diese Lebensweise setzt sie so unter Druck, dass sie mit Angstzuständen, Ess- oder Schlafstörungen oder Depressionen reagieren. Haben Sie den Weg zu uns erst einmal gefunden, können wir gemeinsam eine gesündere Form für ihre sportliche Zukunft entwickeln, indem wir die Freude an der Bewegung zurückholen und den Druck abbauen.“ Den ersten Schritt allerdings müssen die Betroffenen selber gehen. Deshalb sollten sich auch Angehörige oder Menschen aus ihrem Umfeld nicht scheuen, die sporttherapeutische Sprechstunde zu besuchen. Die Fachärztin für Psychiatrie rät, erste Anzeichen ernst zu nehmen, denn: „Eine Depression ist wegen der Suizidgefahr eine schwere lebensbedrohliche Erkrankung.“

Hemmschwellen abbauen durch angenehme Hotel-Atmosphäre
Ist die erste Hemmschwelle überwunden und hat man einmal die Schwelle zu den neuen Räumlichkeiten der Klinik Königshof überschritten, öffnet sich hier in einer angenehmen Hotel-Atmosphäre auch die Seele. Wohlfühl-Ambiente erleichtert das „Ankommen“. Der lichtdurchflutete Neubau mit schönem Innenhof und Garten beherbergt 80 Patientenbetten auf drei Etagen, darunter eine Privatstation mit Einzelzimmern. Robuste PVCBöden in Eiche-Optik, freundliche große Anmeldetresen, apfelgrüne und grüngelbe Wandakzente im Wechsel mit viel Weiß und einer offenen Innenarchitektur kennzeichnen die Räumlichkeiten. Die Besprechungszimmer des Personals sind durch Glasscheiben einsehbar. Auch ein Novum: Die Zimmer von Ärzten und Psychologen liegen jeweils auf derselben Etage wie die Patientenzimmer. „So kann man auch mal zwischendurch miteinander reden, Das wird helfen, Hemmschwellen abzubauen“, ist sich Oberärztin Dr. Scheuermann sicher.

Groß war die Freude bei den ersten Patienten, die Ende Juni vom Altbau in den Neubau gezogen sind. Die modernen Zimmer mit bodentiefen Fenstern, Designermöbeln und Bädern mit ebenerdigen Duschen strahlen Frische und Wärme aus. Jeder Patient hat einen Safe. Für ein Mehr an Wohlfühlatmosphäre wurden die klassischen Nachttische durch schicke Beistelltische ersetzt. Dr. Jutta Maria Scheuermann betont: „Wir finden, dass die Umgebung eine wichtige Rolle im Rahmen des Genesungsprozesses spielt. Deshalb wurde großer Wert auf eine schöne Atmosphäre gelegt.“

Babak Rafati: ein Betroffener berichtet
Interessierte sind herzlich eingeladen zum „Tag der offenen Tür“ am Samstag, 8. September. Im Mittelpunkt steht der Vortrag von Babak Rafati: „Warum nicht die Chefs, die Kollegen oder der Job die Ursache für unseren Stress sind“. Der ehemalige Bundesliga-Schiedsrichter, der mittlerweile als Referent in der freien Wirtschaft und als Mentalcoach arbeitet, wird Wege aus der Depression aufzeigen. Er stellt sein Buch vor „Ich pfeife auf den Tod. Wie mich der Fußball fast das Leben kostete.“ Rafati steht außerdem für Fragen und Gespräche zur Verfügung. Auch Oberärztin Dr. Scheuermann freut sich auf den Vortrag: „Babak Rafati ist das beste Beispiel dafür, dass Depressionen heilbar sind.“

Ansprechpartnerin für Menschen mit Depressionen im Sport: Oberärztin Dr. med. Jutta Maria Scheuermann Telefon: 02151-8233-00, j.scheuermann@ak-neuss.de