Wer die Definition der Krankheit Eierstockkrebs auf der Webseite der Deutschen Krebsgesellschaft liest, muss zuerst einmal schlucken: „Der Eierstockkrebs (Ovarialkarzinom) gehört zu den aggressivsten Tumoren und ist (neben Brustkrebs, Anm. der Red.) die zweithäufigste bösartige Erkrankung der weiblichen Geschlechtsorgane. Die große Gefahr bei dieser Art von Tumor besteht darin, dass er meist sehr spät erkannt wird, da lange Zeit zunächst keine Symptome auftreten.“

Das klingt ernst, und so sieht auch Prof. Michael Friedrich vom HELIOS Klinikum Krefeld das Ovarialkarzinom, an dem jährlich etwa 7 .300 Frauen in Deutschland neu erkranken. Nüchtern erklärt der Chefarzt der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe: „Beim Eierstockkrebs handelt es sich um eine bösartige Veränderung, die ihren Ursprung in den Eierstöcken, den Eileitern oder dem Bauchfell haben kann. Bislang ist nicht geklärt, welche molekularen Schritte zur Entstehung des Eierstockkrebses führen. Die wichtigsten Auslöser scheinen Faktoren zu sein, die mit dem Eisprung zusammenhängen. So führen die ständigen Verletzungen der Eierstockoberfläche beim Eisprung und die damit einhergehenden Reparaturvorgänge zu genetischen Veränderungen und letztlich zur Bösartigkeit. Neueste Untersuchungen legen nahe, dass insbesondere bei den bösartigen serösen Eierstockkrebsen die Ursache in den Eileitern liegt. Dadurch können sich die bösartigen Zellen schnell über die Öffnung der Eileiter im Bauchraum ausbreiten, ohne vorher einer Screeninguntersuchung zugänglich zu sein.“ 

Häufig zeigt sich der Eierstockkrebs durch eine Zunahme des Bauchumfangs. „80 Prozent der bösartigen Tumoren an den Eierstöcken sind ‚serös‘, und produzieren über das Bauchfell eine wässrige Flüssigkeit. Die darin befindlichen Tumorzellen breiten sich dann diffus im Bauchraum aus“, schildert Prof. Friedrich. Neben der Ultraschalluntersuchung und Computertomographie, bei denen Tumore der Eierstöcke mit anderen Erkrankungen, etwa Endometriose, verwechselt werden können, helfen den Medizinern Tumormarker, den Eierstockkrebs zu diagnostizieren. Zur weiteren Abklärung wird eine Bauchspiegelung durch den Nabel durchgeführt. Der histologische Befund zeigt eindeutig, ob das entnommene Gewebe vom bösartigen Krebs befallen ist oder nicht. „Ganzheitlich, patientenorientiert und in Abhängigkeit vom Allgemeinzustand der Patientin und der Ausbreitung des Tumors erfolgt dann die weitere risikoadaptierte Therapieplanung. Damit haben wir die besten Erfahrungen gemacht. Dennoch wird Eierstockkrebs in 75 Prozent der Fälle leider erst in fortgeschrittenen Stadien erkannt“, räumt Prof. Friedrich ein. 

Der 51-Jährige ist ein ausgewiesener Experte für das Ovarialkarzinom. Die seit 2007 von ihm geleitete Frauenklinik ist auf die Behandlung bösartiger gynäkologischer Erkrankungen spezialisiert und durch die Deutsche Krebsgesellschaft (DKG) als Gynäkologisches Krebszentrum zertifiziert. Besteht begründeter Verdacht oder Gewissheit, dass eine Frau an Eierstockkrebs erkrankt ist, wird „dual“ behandelt: In einer mehrstündigen, zum Teil interdisziplinär geführten Operation entfernen die Ärzte akribisch möglichst alle für das geschulte Auge erkennbaren bösartigen Tumorherde – die beste Voraussetzung für die anschließend notwendige Chemotherapie. In etwa 80 Prozent erreichen Prof. Friedrich und sein Team durch die Operation Tumorfreiheit, was überdurchschnittlich gut ist. Manchmal kann auch eine Chemotherapie nach histologischer Sicherung vor einer großen Operation sinnvoll sein: „Durch die hohe Teilungsfähigkeit der Zellen ist die Chemotherapie sehr wirksam. Wenn der Tumor sich extrem ausgebreitet hat, kann er oft gut auf ein ‚erträglicheres‘ Maß reduziert werden, sodass die Operation für die Patientin nicht so belastend ist“ , erklärt Prof. Friedrich. Immer wird im HELIOS Klinikum die Therapie nach den neuesten wissenschaftlichen Standards der gynäkologischen Onkologie, Strahlentherapie und Radiologie ausgerichtet. Gemeinsam mit der Frauenklinik des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein in Kiel hat die Frauenklinik am HELIOS Klinikum Krefeld das „EUREGIO Tumorboard (ETB)“ gegründet. In dieser Tumorkonferenz beraten sich Gynäkologen überregional und interdisziplinär mit Kolleginnen und Kollegen nicht nur aus Krefeld und Kiel, sondern auch aus Düsseldorf, Aachen, Berlin, Bonn, Wuppertal, Freiburg, Ulm, Groningen, Bern und Zürich. „Wir schalten uns einmal monatlich für zwei Stunden zusammen und diskutieren in allen gynäkoonkologischen Belangen und Fällen eine qualifizierte Zweitmeinung. Das ist sehr fruchtbar und sinnvoll“ , erzählt Prof. Friedrich. Zudem nimmt die Krefelder Frauenklinik an mehreren innovativen klinischen Studien mit „targeted therapies“ (gezielten Krebstherapien) teil. Neben diesen Konzepten bietet das Gynäkologische Krebszentrum am HELIOS Klinikum Krefeld als eine von bundesweit nur wenigen Kliniken in spezifischen Situationen die Möglichkeit der Chemotherapie in der Bauchhöhle während der Operation an, das HIPEC-Verfahren. Dadurch können eventuell in der Bauchhöhle verbliebene Tumorzellen schon während der Operation chemotherapeutisch behandelt werden.

Dennoch: Die Prognose bei Eierstockkrebs ist schlecht. Das weiß auch Prof. Friedrich: „Die mittlere Überlebensdauer in Krefeld liegt bei rund 64 Monaten und damit deutlich über dem publizierten Durchschnitt. Aber nur 50 Prozent der Patientinnen überlebt die fünf Jahre nach der Diagnose.“ Auf die Frage, wie er persönlich mit den vielen tragischen Ausgängen der Erkrankung zurechtkomme, berichtet Prof. Friedrich von einem Fall: „Obwohl Eierstockkrebs am häufigsten bei Frauen über 60 Jahren vorkommt, hatten wir vor einiger Zeit eine 30-jährige schwangere Patientin. Durch die behutsame operative und gezielte systemische Behandlung, teilweise während der Schwangerschaft, konnten wir Mutter und Kind retten. Heute sind beide gesund und die Mutter ist ohne jeden Hinweis für ein Rezidiv.“ Dass dies so bleibt, dafür setzt sich das HELIOS Klinikum Krefeld ein, mit geballter Expertise und ebenso viel Engagement. 

HELIOS  Klinikum Krefeld, Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Gynäkologisches Krebszentrum, Lutherplatz 40, 47805 Krefeld, Tel. 02151-322201; www.helios--kliniken.de/krefeld; frauenklinik.krefeld@helios-kliniken.de