In Zeiten von halsbrecherischen High Heels und dem Trend zu Billigschuhen, die mit einem modischen Verfallsdatum von einer Saison quasi als Wegwerfartikel gekauft werden, erscheinen maßgeschneiderte, handgemachte Schuhe wie ein Relikt aus vergangenen Tagen. Zudem unerschwinglich; es gibt sie ab etwa 1.000 Euro aufwärts. Doch wer einmal bei Orthopädieschuhmachermeisterin Beate Kandler zugeschaut hat, wie sie und ihre beiden Mitarbeiterinnen in meisterhafter Handarbeit Schuhe anfertigen, bekommt einen Eindruck davon, wieviel Knowhow und Geduld so ein Maßschuh erfordert – und dass er seinen Preis wert ist, besonders für Menschen, die ohne solche Sonderanfertigungen gar nicht laufen könnten.

„In einem Schuh muss man sich wohlfühlen!“ Das ist die schlicht klingende Maxime für Beate Kandler. Die 48-Jährige liebt ihren Beruf, den sie ab 1991 von der Pike auf bei ihrem Vater gelernt hat – und sie ist stolz darauf. Auf die Herausforderung, die alte Handwerkstradition des Schuhmachens mit moderner Technologie zu verbinden, jeden noch so problematischen oder verformten Fuß mit einem orthopädischen Hilfsmittel wieder zur Bewegung, zum Laufen und Stehen zu befähigen. Das erfordert Verständnis für die speziellen Probleme des Kunden, fundierte Kenntnisse der Anatomie und des Bewegungsablaufs und eine kreative, individuelle Korrektur. Beate Kandler weist die Berufsbezeichnung „Schusterin“ weit von sich: „Wir sind ja keine Flickschuster! Wir bauen Objekte, die bei jedem Schritt dreidimensional arbeiten müssen.“

Beate Kandler macht beispielsweise orthopädische Maßschuhe für Menschen mit einem sogenannten „Klumpfuß“ . Das ist eine angeborene Deformierung, bei der durch eine Verkürzung der Achillessehne der Spann sichelförmig nach innen verbogen ist und die Unterseite des Fußes deshalb nicht auf dem Boden aufliegt, so dass der Betroffene kaum auftreten kann. Er braucht Spezialschuhe, die ihn von allen Seiten stützen und polstern. Beate Kandler sagt, darin sehe sie den wahren Sinn ihrer Arbeit: „Wenn Leute mit Fußproblemen zu mir kommen und hinterher beschwerdefrei sind, bin ich zufrieden“ , sagt sie. 

Sehr wichtig ist die genaue Messung; Beate Kandler verlässt sich auf ihr Augenmaß, ihre Erfahrung, die Beobachtung des Gangbildes und das ausführliche Gespräch mit dem Kunden. Zusätzlich fotografiert sie jeden Fuß mit einem speziellen Scanner. Anschließend schnitzt sie aus einem Holzrohling ein Abbild des Fußes, den Leisten – und näht den Schuh dann nach den Wünschen und Bedürfnissen ihrer Kunden auf dieses Modell. Maßarbeit eben. Wichtig ist aber, dass Beate Kandler zuvor berechnet, wieviel Platz sie lassen muss, damit der Schuh einerseits genug stützt, andererseits aber genug Spielraum lässt für die Ausdehnung des Fußes beim Abrollen. 

Sechs Wochen brauchen Beate Kandler und ihre Mitarbeiterinnen in der Regel für ein Paar Schuhe, davon etwa 20 Stunden reine Arbeitszeit, dazu verschiedene Trockenphasen. Mit Liebe zum Detail versuchen sie auch optisch höchste Ansprüche an ihr „Gesamtkunstwerk“ zu erfüllen. Denn sie arbeiten auch für Kunden, die sich einfach so maßgeschneiderte Schuhe machen lassen. Ein Luxus, den sich Beate Kandler selbst nur selten gönnt, etwa alle zwei Jahre. Denn ihre Schuhe halten ja auch länger als gekaufte. 

Kandler Orthopädietechnik, Grotenburgstraße 14, 47800 Krefeld, Tel.: 02151/500418, www.kandler-orthopaedie-schuhtechnik.de