2020 sollte für Mario Frerker eigentlich ein gutes Jahr werden. Im Frühjahr gab es ein rundes Jubiläum zu feiern. Die von ihm 1980 gegründete Taiwan Do Akademie, die fernöstliche Kampfkunst und Gesundheitslehre praktiziert, wurde 40 Jahre alt. Für Anfang Mai war bereits eine große Festveranstaltung geplant. Doch bekanntlich kam alles anders. Dank Corona mussten auch die Taiwan-Do-Trainings einige Wochen pausieren und konnten danach nur unter strengen Auflagen wieder aufgenommen werden. An eine Jubiläumsfeier war nicht zu denken. Soweit so schlecht. Doch dann, Ende Mai, traf es den früheren Hochleistungssportler auch persönlich hart.

„Der 26. Mai war ein Dienstag, und da war ich, wie immer, persönlich beim Tai Chi Chuan Training anwesend“, erinnert sich Mario Frerker, „So war es auch an diesem Abend. Nach dem ‚Angrüßen‘ merkte ich, wie meine Energie plötzlich vollkommen verschwand. Sie schien einfach aus mir rauszufließen. Ich fühlte mich eiskalt und schwach. Ich blieb aber trotzdem im Raum und hielt am Ende noch eine kurze Ansprache“, so der Akademieleiter. „Als das Training gegen 21.30 Uhr zu Ende war, bemerkte ich erste Gleichgewichtsstörungen, fuhr dann aber mit meiner Ehefrau Andrea nach Hause und ging zu Bett.“ Als Frerker am nächsten Morgen immer noch schwindelig war, rief er seinen Freund Dr. Klaus Kriegel an, der ihm sofort einen Krankenwagen rief. „Verdacht auf Schlaganfall“, lautete die Diagnose.

Und so war es auch. Mario Frerker wurde in ein großes Krefelder Krankenhaus eingeliefert und kam dort für weitere Untersuchungen in die Neurologie. Anscheinend hatte er Glück im Unglück gehabt. Man wollte ihn für ein paar Tage zur Beobachtung hierbehalten und dann sollten die Reha-Maßnahmen durchgeführt werden. Leider kam es anders: „Am dritten Tag nach dem Schlaganfall wachte ich morgens auf und meine gesamte linke Körperhälfte war gelähmt“, erzählt Frerker. „Das war wirklich ein Schock. Jetzt begann ein regelrechter Untersuchungsmarathon. Dabei zeigte sich das Haus technisch hochmodern. Organisation und Kommunikation waren dafür leider manchmal katastrophal“, bemängelt er. „So wurde ich meist pünktlich zu Untersuchungen gefahren und durfte danach bis zu einer Stunde im Rollstuhl auf den Rücktransport warten. Oft hatte man das Gefühl, hier wird nur Dienst nach Vorschrift gemacht. Es ging mir so schlecht, dass ich begann, mein Testament zu schreiben.“

Daher war Mario Frerker heilfroh, als er nach zehn Tagen in eine Reha-Klinik in Korschenbroich verlegt wurde, die einen besonders guten Ruf hat. Das habe ich zu einem guten Teil meiner Hausärztin, Frau Dr. Corinna Bürger, zu verdanken“, fährt Frerker fort. „Nun begannen 50 Tage Rehabilitation – mit Physio- und Ergotherapie, Logotherapie und Massagen.“ Der gut 60-Jährige, der seine Beine früher weit über Kopfhöhe strecken konnte, musste wieder gehen und stehen lernen und mühsam seine Hand-Arm-Koordination verbessern. „Ein spezielles Erlebnis war die Neuropsychologie“, schmunzelt der ehemalige Reha-Patient. „Da kam eine junge Therapeutin und legte mir einen seitenlangen Fragenbogen zu meinem Geisteszustand vor. Der Dame konnte ich dann nur sagen, dass ich wirklich andere Probleme habe: Aufgrund fehlerhafter Abläufe im Krankenhaus war mir ein Arm fast ausgekugelt worden und ich hatte immer noch schlimme Rückenschmerzen von der schlechten Matratze dort“, sagt Frerker, dem man heute noch an- sieht, wie schmerzhaft diese Zeit für ihn war.

Ein Problem für den ehemaligen Leistungssportler war auch seine Hypersensibilität für Sinneseindrücke. „Wenn jemand laut klopfte, bevor er ins Zimmer kam, klang das für mich als wolle er die Tür eintreten“, berichtet er. „Allein das Geräusch eines voll aufgedrehten Wasserhahns war für mich fast unerträglich, und normal gewürztes Essen konnte ich gar nicht zu mir nehmen“, sagt Frerker. Auch noch auf der Autofahrt von der Rehaklinik nach Hause musste Mario Frerker feststellen, dass normales Beschleunigen oder Bremsen seiner Frau auf ihn wirkte wie eine Fahrt mit dem Formel-1-Rennwagen. Trotz- dem hatte die Reha seinen Wiederherstellungsprozess gut eingeleitet. Jetzt ging es darum, zu Hause konsequent daran zu arbeiten, Stück für Stück wieder der in sich ruhende Sportler zu werden, der er vor dem Schlaganfall gewesen ist.

Zu Hause angekommen war es für Mario Frerker klar, dass er nun auf eigene Verantwortung konsequent an sich arbeitet. Dabei halfen und helfen ihm kompetente Therapeuten wie die Mitarbeiter von Physiotherapie Michael Zuidberg und Ergotherapie Willems und die eigene, in jahrelangem Training gestärkte Willenskraft. „Da ist zum Beispiel mein Logopäde Klaus Böhm, der nach der zweiten Behandlung wusste, was mit guttut, und dessen ganzheitlicher Behandlungsansatz sich bei mir sehr positiv ausgewirkt hat“, betont Frerker. „Genauso dankbar bin ich meinem zusätzlichen Physiotherapeuten Christiaan Swelsen, der sehr viel zu meiner Mobilisierung beigetragen hat. Meine Ergotherapie wird auch durch die 22-jährige Kristina unterstützt, die mir mit einer Engelsgeduld dabei hilft, wieder Feingefühl in die Hände und Finger zu bekommen“, so der Reha-Patient. „Inzwischen sehe ich meinen Zeigefinger als Gradmesser für meinen Fortschritt an, und den kann ich schon fast wieder so bewegen wie früher. Ansonsten gehe ich dreimal die Woche ins ABC Fitnessstudio in Hüls, vor allem aufs Laufband und Fahrrad. Aber auch Übungen mit der Beinpresse sind wichtig.“

Heute, gut fünf Monate nach seinem Schlaganfall, ist Mario Frerker immer noch ein gutes Stück von seinem früheren körperlichen Zustand entfernt. Wenn er in Taiwan-Do-Kleidung im Wohnzimmer Tai-Chi-Chuan-Übungen durchführt, glaubt man aber gerne, dass er wieder so fit wird, wie er war. „Zur Lebensweise, wie wir sie praktizieren, gehört, sich selbst zu programmieren, sich kraftvolle Ziele zu setzen, und dem wichtigsten Taiwan-Do-Motto zu folgen: ,Einmal mehr aufstehen als hingefallen sein'", so der Stilbegründer oder „Shi Zhu“ dieser modernen Interpretation fernöstlicher Lebenskunst. „Wir praktizieren die Kampfkunst Kung Fu Wushu und die Gesundheitslehre Tai Chi Chuan“, so Frerker. „Dabei geht es nicht um Wettkampf, sondern um Persönlichkeitsentwicklung und Gesundheit. Und vor allem sind wir eine große Gemeinschaft, die sich gegenseitig hilft, was ich auf wunderbare Weise erfahren durfte. Nach der schwierigen ersten Phase bin ich jetzt wieder auf dem Weg zurück ins Leben – und habe dabei einen weitaus neugierigeren Blick auf die Welt gewonnen“, erklärt Mario Frerker nachdenklich. „Jedem Sportler, der von so einem Schicksalsschlag betroffen ist, biete ich gerne ein Gespräch an!“

Shi Zhu (Stilbegründer Taiwan Do) Mario Frerker
Telefon: 02151/75 58 63 - täglich ab 15.00 Uhr
E-Mail: mario.frerker@taiwando.de
www.taiwando.de