An einem schwülen Donnerstagabend versammeln sich rund 50 Professionelle aus dem Gesundheitswesen zum ersten moveo-Expertendialog im salvea Gesundheitszentrum Krefeld. Sie sind gleichzeitig die Gründungsmitglieder der EventReihe, die in Zukunft regelmäßig als Austauschplattform für verschiedene Vertreter der Branche stattfinden soll. Langfristiges Ziel des Projekts ist die interdisziplinäre Vernetzung und Kompetenzverzahnung der Beteiligten.

Geleitet wird der Abend zum Thema „Digitalisierung im Gesundheitswesen“ von Expertendialog-Gründerinnen Sarah Weber und Sigrid Baum.  Dr. David Matusiewicz, Professor für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre an der FOM, Direktor des Forschungsinstituts für Gesundheit & Soziales und Gründungsgesellschafter des Essener Forschungsinstituts für Medizinmanagement, spricht heute zum Thema des Abends. 

Matusiewicz setzt seinem Vortrag die Frage voraus, wie die Digitalisierung im bestehenden deutschen Gesundheitssystem helfen oder auch schaden könnte. Dass die Digitalisierung unaufhaltbar voranschreitet, zeigt der Internet-Boom der vergangenen zwei Jahre. In diesem kurzen Zeitraum wurden 90 Prozent aller im Netz kursierenden Daten hochgeladen. Höchste Zeit also, sich mit dem Thema Digitalisierung auseinanderzusetzen. „Viele Unternehmen hierzulande verschlafen es, mit den Trends zu gehen“, stellt David Matusiewicz fest. Zwar existieren bereits diverse digitale Lösungen und Ansätze wie Versandapotheken oder die Krankenversicherungs-App Ottonova, doch in der deutschen Gesundheitsindustrie herrscht noch Unschlüssigkeit, wie man sich zu diesen Themen positionieren möchte.  Dass der Gesundheitssektor sehr gut digitalisierbar ist, haben branchenfremde Big Player wie Google, Amazon und Apple bereits erkannt und entsprechende Modelle entwickelt. Das Gesundheitswesen ist ein Mega-Markt, denn jeder will gesund bleiben oder werden. Entwicklungen wie Expertensysteme, Datenauswertungssoftware, Gentechnik und Nanotechnologie sind einige der nennenswerten Innovationen, die über die vergangenen Jahre in diesem Bereich entwickelt wurden. Der deutsche Normalbürger setzt aber gerne auf das Altbewährte – „safe“ statt „smart“. Während bekannte und bewährte Methoden dem Patienten Sicherheit vermitteln, könnten digitale Programme Abläufe beschleunigen. „Die beste Lösung wäre es also“, so Matusiewicz, „smart und safe zu kombinieren.“ Ein Beispiel sei der Arztberuf. Ein Computer ist dem Arzt insofern überlegen, als er stets automatisch mit neuem „Wissen“ gespeist werden kann und dabei keinen menschlichen Schwächen wie Gefühlsregungen oder Konzentrationsproblemen unterliegt. Aktuelle Entwicklungen streben bereits eine Kooperation zwischen Ärzten und technischen Hilfsmitteln an. Behandler hätten so die Möglichkeit, mehr Zeit in die empathische Betreuung ihrer Patienten zu investieren, während ihnen Softwareprogramme und Roboter einen Teil der Behandlungsschritte oder administrative Aufgaben abnehmen würden. Auch in der Pflege und Prävention könnten digitale Anwendungen große Hilfe leisten. Durch automatisch gesammelte Patientendaten und regelmäßige vollautomatische Gesundheits-Screenings wäre es gegebenenfalls möglich, Krankheiten schon frühzeitig zu erkennen und zu verhindern. 

Viele Möglichkeiten öffnen dem Menschen, der stets nach Verbesserung strebt, allerdings auch eine Tür zum Größenwahn. So besteht die berechtigte Sorge vor einer Verzerrung der Grenzen zwischen Heilung und Optimierung. „Am Ende“, so Matusiewicz weiter, „steht immer die Gegenüberstellung von Digitalisierung und Ethik.“ Seiner Meinung nach könnten in den kommenden Jahren neue medizinische Berufsfelder entstehen. Vermutlich entwickelten sich auch eine modernere Form der Kommunikation und neue Produktstandards. Auch die Speicherung und Auswertung von Langzeitdaten hält Matusiewicz für wahrscheinlich. „Am Ende ist der Einzug der Digitalisierung in die Gesundheitsbranche meiner Meinung nach keine Frage des ‚Ob‘, sondern des ‚Wann‘“, schließt er seinen Vortrag. 

Die Thematik hat viele im Raum nachdenklich gestimmt. Vielleicht wird uns das Thema Digitalisierung im Gesundheitswesen bei einem der nächsten Expertendialoge wieder begegnen. Der nächste Termin findet im Herbst dieses Jahres statt. Aktuelle Informationen hierzu werden auf der Website des Expertendialogs veröffentlicht: www.moveo-expertendialog.de. Die Teilnahme ist für Mitglieder und Gäste möglich. Wer sich für den moveoExpertendialog und seine Veranstaltungen interessiert, kann sich gerne telefonisch oder per Mail melden.  

moveo-Expertendialog Krefeld, Sarah Weber & Sigrid Baum, Tel.: 0174 2914914, Web: www.moveo-expertendialog.de , Mail: info@moveo-expertendialog.de